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Dirigent Philippe Herreweghe ist 75 Sein Prinzip ist die Klarheit

Er ist einer der wenigen Stars der Alten-Musik-Szene: Philippe Herreweghe. Am 2. Mai vor 75 Jahren wurde er in Gent geboren. Längst ist er über die Alte Musik hinausgegangen. Auch in der romantischen Orchester- und Chormusik hat er das Verständnis für Klangfarben und Klangbalance neu geschärft.

Philippe Herreweghe | Bildquelle: © Michiel Hendryckx

Bildquelle: © Michiel Hendryckx

Leise Stimme, ruhiger Duktus, klare Worte: Wenn man Philippe Herreweghe zuhört, erfährt man schon viel über seine Art, Musik zu machen. Mit Ruhe und Klarheit geht er auch seine Proben und Aufführungen an. Denn für ihn muss, wie er im Gespräch mit BR-Klassik sagt, nicht der Interpret im Vordergrund stehen, sondern die Musik. Die ideale Interpretation sei für ihn jene, in der man eine "Interpretation" eigentlich nicht wahrnimmt, eine, bei der es die Musik ist, die man deutlich und klar hören kann.

Ein Star der Alten-Musik-Szene

Herreweghe ist einer der wenigen Stars der Alten-Musik-Szene. Er wurde am 2. Mai 1947 in Gent in Belgien geboren, einer Stadt mit einer starken Tradition des Chorgesangs. Nach dem Abitur studierte er Klavier, Cembalo und Orgel, schloss das Studium ab und – studierte weiter. Diesmal Medizin – aber Arzt wurde er trotzdem nicht. Neben diesem Studium hatte er einen Chor gegründet, machte mit ihm Alte Musik und immer mehr Furore. Auf dieses Collegium Vocale Gent und seinen jungen Dirigenten wurden Gustav Leonhardt und Nikolaus Harnoncourt, die Gründerväter der historischen Aufführungspraxis, aufmerksam. Sie holten ihn zu sich – unter anderem ab der Mitte der 1970er Jahre als Chorleiter bei ihrem Projekt der Gesamtaufnahme der Kantaten von Johann Sebastian Bach.

Gründervater der Ensembles "La Chapelle Royale" und "Orchestre des Champs Elysées"

Philipp Herreweghe mit den Münchner Philharmonikern am 12. Februar 2022. | Bildquelle: Tobias Hase Bildquelle: Tobias Hase Mit Bach sollte sich Herreweghe auch seinen Ruf als eigenständiger Dirigent erarbeiten. Er präsentierte eigene Aufnahmen von Bach-Kantaten und der großen Chorwerke Bachs. Bald gründete er Instrumentalensembles, um in Fragen der Interpretation ganz sein eigener Herr zu sein. Neben dem Ensemble "La Chapelle Royale", mit dem er die Aufführungen seines Chores ergänzte, war es das "Orchestre des Champs Elysées" – ein Sinfonieorchester mit Originalinstrumenten – das seinen weiteren Weg prägte. Denn wie bei anderen seiner Kollegen, Gardiner, Norrington, Harnoncourt, führte Herreweghes Weg zur Romantik.

Die Romantik als Leidenschaft

Die deutschen Komponisten der Romantik wurden mit Beginn der 1990er Jahre Herreweghes neue Leidenschaft. Mendelssohn, Brahms, Schumann – auch hier gilt seine Maxime der "unauffälligen" Interpretation und der größtmöglichen Klarheit. Seine Interpretationen schärfen beim Publikum das Verständnis für die Klangfarben, die Rolle der einzelnen Orchestergruppen und die Balance zwischen den Instrumenten, auch in großen Orchestern. Längst gehören Anton Bruckner und Gustav Mahler zu Herreweghes Repertoire, längst dirigiert er auch Orchester mit "modernen" Instrumenten. Seit 1999 trägt er den Titel "Erster Dirigent" beim Orchester "Königliche Philharmonie von Flandern" mit Sitz in Antwerpen.

Wie schon in seinen Anfängen als Chorleiter fasziniert ihn unverändert die Verbindung von Wort und Musik – weshalb im Zentrum seiner Arbeit neben der Sinfonik weiter die geistliche Musik steht. Und deshalb gibt es, wie er im BR-Klassik-Gespräch sagt, immer noch ein bis zweimal im Jahr Bach. Oper jedoch steht nicht auf seinem Programm. Auch das ist typisch Philippe Herreweghe: Seine Leidenschaften mögen sich ändern – seinen Prinzipien bleibt er treu.

Sendung: "Allegro" am 2. Mai 2022 ab 6:05 Uhr auf BR-KLASSIK

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