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Verschwundene Wagner-Figuren Künstler Ottmar Hörl ist ratlos

Kleine goldene Wagner-Figuren standen auf der Wiese vor dem Bayreuther Festspielhaus, um das Publikum zu begrüßen. Doch Anfang der Woche wurde gemeldet, dass alle Plastiken verschwunden sind. Was sagt Ottmar Hörl dazu, der Schöpfer der Figuren?

Die 115 kleinen goldenen Wagnerfiguren von Konzeptkünstler Ottmar Hörl stehen zur Eröffnung der Festspiele vor dem Bayreuther Festspielhaus.  | Bildquelle: picture alliance / Panama Pictures | Dwi Anoraganingrum

Bildquelle: picture alliance / Panama Pictures | Dwi Anoraganingrum

BR-KLASSIK: Herr Hörl, Sie sind sozusagen die Vaterfigur der verschwundenen goldenen Wagner-Plastiken. Wie geht es Ihnen nach diesem Verlust?

Ottmar Hörl: Ich nehme das mit einem gewissen Humor. Aber es ist natürlich schrecklich, weil ich die Arbeit nicht für mich gemacht habe. Mit Katharina Wagner hatten wir mal eine ganz andere Form entwickelt, um die Menschen zu begrüßen.

BR-KLASSIK: Im Bayreuther Tagblatt war am 1. August zu lesen, Sie hätten schon irgendwie damit gerechnet, dass da ein paar Richards Beine bekommen würden. Ist denn der Schwund auch ein bisschen Teil des künstlerischen Konzepts?

Ottmar Hörl: Nein, es ist eigentlich nie das Konzept. Man wäre natürlich naiv, wenn man annehmen würde, dass nichts wegkommt. Das ist bei allen Projekten im öffentlichen Raum so, und ich habe mindestens 30 oder 40 solcher Projekte gemacht. Aber dass eine Skulptur, die so einen direkten Bezug zum Opernhaus hatte, komplett verschwindet, das hatte ich noch nie.

Man wäre natürlich naiv, wenn man annehmen würde, dass nichts wegkommt.
Ottmar Hörl

BR-KLASSIK: Mit den Wagner-Figuren scheint es ja wie mit dem Rheingold zu sein: Jeder will es haben. Und wenn es nicht ordentlich bewacht wird, dann ist es ganz schnell weg. Anders gefragt: Hätte es Rheintöchter oder anderes entsprechendes Bewachungspersonal gebraucht, das die hundert goldenen Richards vor dem Festspielhaus beaufsichtigt?

Ottmar Hörl: Nein. Sie können eine künstlerische Konzeption im öffentlichen Raum nicht 24 Stunden bewachen. Und schon gar nicht in so einem Parkgelände.

BR-KLASSIK: In der Meldung war ja auch zu lesen, die Polizei habe aufgerufen, man könne die Figuren zurückbringen, wenn man sie versehentlich mitgenommen habe. Wenn Ihnen jetzt ein Reumütiger eine Figur zurückbringen würde, würden Sie ihm Absolution erteilen?

Ottmar Hörl: Na klar. Das Problem ist einfach: Ich muss eine Anzeige erstatten, wegen des Finanzamts. Sonst fragen die: "Wo haben Sie die Figuren verkauft?" Ich finde es einfach nicht gut, dass nach acht Tagen die Arbeit komplett verschwunden ist und die Menschen, für die ich es eigentlich gemacht habe, das nicht mehr sehen können. Das stört einen Künstler am meisten: Wenn er eine Ausstellung macht, das auch noch alles selber finanziert und dann alles abgeräumt wird.

Bayreuther Festspielhaus, Aussenaufnahme | Bildquelle: picture alliance / Sven Simon - Bayerische Staatskanzlei Hundert goldene Wagner-Figuren begrüßten die Festspielbesucher in Bayreuth. Doch nun sind sie weg. | Bildquelle: picture alliance / Sven Simon - Bayerische Staatskanzlei BR-KLASSIK: Sie haben ja schon viele derartige Ausstellungen gemacht. Es gab die Ludwig van Beethovens mit den Händen in den Hosentaschen in Bonn. Es gab die Hölderlins, die auf den Treppenstufen der Tübinger Stiftskirche hockten, oder die Einsteins am Ulmer Münster. Jetzt, am Wochenende, versuchen Sie das auch wieder, diesmal mit Max Reger. 150 Regerfiguren werden in Weiden in der Oberpfalz eingeweiht. Was ist die Idee dahinter, 100 oder 150 dieser Figuren in den öffentlichen Raum zu stellen?

Ottmar Hörl: Ich habe ja auch viel in Galerien, Museen oder Kunstvereinen ausgestellt. Aber ich kam mir immer vor wie in einer konspirativen Vereinigung und habe gemerkt, dass eigentlich nur drei Prozent der Gesellschaft an dieser Art kulturellen Lebens teilnimmt. Da war meine Idee, in den öffentlichen Raum zu gehen, um die Menschen mitzunehmen und es ihnen einfacher zu machen, sich mit Kunst auseinanderzusetzen. Das hat ganz gut funktioniert.

Ich wollte es Menschen einfacher machen, sich mit Kunst auseinanderzusetzen.
Ottmar Hörl

BR-KLASSIK: Nun haben die meisten Ihrer Figuren ja etwas Knuffiges, etwas Unkonventionelles. Man muss sie einfach liebhaben. Aber es gibt ja auch legale Möglichkeiten, sich so eine Figur nach Hause zu holen.

Ottmar Hörl: Ja, natürlich. Die Figur kostet 80 Euro, ich glaube, man muss nicht extra stehlen.

BR-KLASSIK: Dann wünschen wir Ihnen, dass doch noch ein paar Richard Wagners den Weg zu Ihnen und vielleicht sogar vors Festspielhaus zurückfinden!

Das Gespräch führte Falk Häfner für BR-KLASSIK.

Sendung: "Leporello" am 11. August 2023 ab 16:05 Uhr auf BR-KLASSIK

Kommentare (4)

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Samstag, 12.August, 14:35 Uhr

Giorgio Absoluntamente

Interessant ja auch...

..., dass der "Künstler" auf die Frage, welche Idee hinter seinen "Werken" steht, absolut keine Antwort gibt, sondern nur etwas davon herfaselt, man müsse Reaktionen außerhalb der Kunstblase bekommen.

Klingt so, als sei sein Motto; "Ich habe zwar absolut nichts zu sagen, aber will es unbedingt laut sagen". Das scheint auch das Motto vieler "Künstler" heutzutage zu sein zu sein.

Irgendwie waren solche Ideen ja schon bei Warhol recht schal, jetzt sind sie einfach nur langweilig. Aber Provinzpolitiker lassen sich anscheinend noch immer beeindrucken, der Steuerzahler muss es finanzieren, und der Mann hat ein Auskommen und fühlt sich auch noch toll dabei.

Samstag, 12.August, 09:11 Uhr

BDL Berlin

Wagner Figuren

Hat jemand Mal bei der Firma nachgeschaut, die die Rasenfläche mäht?

Mit den eng gestellten Figuren dürfte ein Maschineneinsatz unmöglich sein und der Zeitraum von der letzten Mahd bis zur Entfernung der Figuren passt auch gut ins Bild. Gras wächst halt.

Nur so ein Gedanke...

Freitag, 11.August, 22:42 Uhr

Franz Gillinger

Wagner Figuren

Gehen die wirklich jemandem ab? Der große Wagner als Gartenzwerg?

Freitag, 11.August, 22:37 Uhr

M.P.

Schade

Ich habe das Projekt selbst am Grünen Hügel gesehen und fand es sehr gelungen. Schade, dass da bei manchen offenbar der Respekt fehlt

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