Todesopfer, Zerstörung und Schmerz: In seinem Ballett "Troja" zeigt Andonis Foniadakis, welchen Preis die Menschheit durch Kriege zahlen muss. Das Werk hat der griechische Choreograf extra für das Ballett des Staatstheaters am Gärtnerplatz in München kreiert. Dort wird "Troja" am 28. Juni uraufgeführt.
Bildquelle: Andonis Foniadakis
BR-KLASSIK: In Ihrem Stück "Troja" geht um den trojanischen Krieg, um Kriege an sich und um die ungeheure Zahl an Todesopfern durch Kriege in der Geschichte der Menschheit. Mehr als 3,5 Milliarden, so steht es auf der Website des Gärtnerplatztheaters. Diese Zahl ist erschreckend ..
Andonis Foniadakis: Oh, ja, diese Zahlen sind absolut katastrophal. All die Konflikte auf der ganzen Welt sind herzzerreißend, weil so viele Menschen dabei ihr Leben verlieren oder sich in einer absolut verzweifelten Situation befinden. Und genau davon handelt auch die Tragödie "Die Troerinnen" von Euripides. Es geht um die Auswirkungen des Krieges und darum, was nach einem Krieg passiert. Um die dramatischen Situationen, in denen sich Menschen wiederfinden.
All die Konflikte auf der ganzen Welt sind herzzerreißend.
BR-KLASSIK: Warum jetzt ein Stück, das zweieinhalbtausend Jahre alt ist?
Andonis Foniadakis: Die Geschichte aus Troja wird vor allem aus der Sicht der Frauen erzählt, wie sie unter der zerstörerischen Kraft des Krieges leiden. Frauen heute kämpfen um mehr Gleichberechtigung und eine bessere Position innerhalb der Gesellschaft. Und für mich ist Troja der Ausgangspunkt für diese Bewegung. Daher finde ich die Perspektive der Frauen so interessant und wichtig.
"Troja" - Ballett von Andonis Foniadakis
Basierend auf "Die Troerinnen" von Euripides
Musik von Arvo Pärt, Bryce Dessner und Julien Tarride
Uraufführung am 28. Juni 2024
Staatstheater am Gärtnerplatz, München
Zum Stück
BR-KLASSIK: Würden Sie sagen, dass Frauen besonders unter Kriegen leiden?
Andonis Foniadakis: Tatsache ist, dass Frauen in einem Krieg meistens nicht wirklich handlungsfähig, sondern vor allem abhängig von den Umständen sind. Ich empfinde diesen Aspekt als zutiefst tragisch. Dieses tiefe Gefühl von Verzweiflung und Schmerz steht für die Gefühle aller menschlichen Wesen.
BR-KLASSIK: Möchten Sie weibliche Figuren erschaffen, mit denen man sich identifizieren kann?
Das Ballett "Troja" wird am 28. Juni am Gärtnerplatztheater München uraufgeführt. | Bildquelle: Marie-Laure Briane
Andonis Foniadakis: Jeder kann sich mit den Emotionen identifizieren, die die Tänzerinnen und Tänzer ausdrücken. Jeder kennt Verzweiflung und Schmerz, die wir durch den Tanz verarbeiten. Es ist die universelle und endlose Erfahrung eines Kampfes, aber auch das Erlebnis von Frustration und Wut nach solch entsetzlichen Geschehnissen. Wir konzentrieren uns ganz auf die schrecklichen Gefühle, die ein Mensch durchleiden muss, der durch den Krieg ein Kind verloren hat, oder einen Mann, eine Schwester, einen Bruder, einen Vater. Das ist das Hauptanliegen unserer Dramaturgie.
Uns ist natürlich bewusst, dass auch jetzt, während wir sprechen, Menschen geliebte Angehörige durch einen Unfall verlieren, aber das ist hier nicht unser Thema.
Jeder kennt Verzweiflung und Schmerz, die wir durch den Tanz verarbeiten.
BR-KLASSIK: Sollen wir durch das Stück auch die Konflikte und Kriege unserer Zeit besser verstehen?
Andonis Foniadakis: Dieses Stück soll uns vor allem dabei helfen, Vernunft walten zu lassen und solche Konflikte nach Möglichkeit zu vermeiden, denn die Kriegsfolgen sind immer äußerst schmerzhaft und traumatisch. Es soll einen Eindruck davon geben, inwieweit wir emotional davon betroffen wären und wie wir uns fühlen würden, wenn solch schreckliche Dinge bei uns passierten. Und daher soll dieser Tanz als Warnung verstanden werden, was menschlich und emotional passieren könnte.
Sendung: "Leporello" am 26. Juni 2024 ab 16:05 Uhr auf BR-KLASSIK
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