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Buchtipp – Osiel Gouneo: "Black Romeo" Erfolgsstory eines schwarzen Ballett-Stars

Der Afro-Kubaner Osiel Gouneo ist Erster Solist am Bayerischen Staatsballett - und einer der wenigen schwarzen Stars der klassischen Ballettszene. Über seine außergewöhnliche Karriere erzählt er jetzt in seinem Buch "Black Romeo".

Bildquelle: C. H. Beck

Buchtipp

"Black Romeo"

Für gewöhnlich beeindruckt ein Ballettbuch durch Fotos, durch Momentaufnahmen von außerirdischer Schönheit, in denen die Schwerelosigkeit des Tanzes festgehalten wird. "Black Romeo" ist kein Bildband. Das Buch erzählt das Leben des Afro-Kubaners Osiel Gouneo. Getanzt hat der von klein an: erst nur Rumba unterm Mangobaum in Matanzas. Als Neunjähriger kommt Osiel als eine Art "Ballettsoldat" ins strenge Internat in Pastorita.

Meine Fantasie reichte nicht aus, mir vorstellen zu können, dass ich tatsächlich einmal auf einer Bühne stehen könnte. Ich dachte, man will mich hier mit weißen Strumpfhosen demütigen.
Osiel Gouneo über sein Ballett-Training

Eine internationale Tänzerkarriere nimmt ihren Lauf

Osiel Gouneo | Bildquelle: Wilfried Hösl Osiel Gouneo ist ein international erfolgreicher Ballettstar. | Bildquelle: Wilfried Hösl Osiel beißt sich durch den harten Trainingsalltag, zieht sich zur Motivation stapelweise Ballettvideos rein und schließt endlich ab mit dem Traum von der Karriere als Baseballspieler. Romeo, Onegin, Siegfried: All die anderen Prinzentypen der Weißen Ballettwelt sind jetzt seine Helden. Der ebenfalls dunkelhäutige Ballerino aus Havanna, Carlos Acosta, wird sein Idol. Osiel Gouneo gelingt die Aufnahmeprüfung an der angesehenen Kaderschmiede von Havanna. Ballett ist auf Kuba ein wichtiger Exportartikel. Und für Osiel nimmt eine internationale Tänzerkarriere als Super-Hero mit Pirouetten und Mega-Spagat-Sprüngen ihren Lauf: in Oslo, Moskau, Paris, München.

Viele poetische Geschichten aus Kuba

Die beeindruckende und fast märchenhafte Erfolgsstory des Osiel Gouneo, der aus ärmlichen Verhältnissen kam und zum begehrten Prinzipal-Dancer wurde, ist der äußere Anlass für die Entstehung der Autobiografie "Black Romeo". Gouneo war der erste schwarze Romeo beim traditionsreichen Pariser Ballett, deshalb der Buchtitel. An dem Buch kleben bleibt man aber vor allem wegen der vielen kleinen, poetischen Geschichten aus dem Leben auf Kuba – von der Liebe zu den Großeltern wird hier erzählt, vom Verkauf einer unbenutzten Toilettenschüssel in Mantanzas, von der blinden und weisen Ballerina Alicia Acosta.

Der real existierende Rassismus der Ballettwelt

Osiel Gouneo, Spartacus, Bayerisches Staatsballett | Bildquelle: © Wilfried Hösl Osiel Gouneo in "Spartacus" | Bildquelle: © Wilfried Hösl Ein wichtiges Thema ist auch der real existierende Rassismus in der blitzblanken Ballettwelt. Ungeschminkt spricht Gouneo vom Unwort mit N und vom wütenden Mohren in Strawinskys Ballett "Petruschka". Ausgerechnet als Spartakus beim Bayerischen Staatsballett, also in der Rolle eines Sklaven, wurde Gouneo zum Tänzer des Jahres gekürt. Für den Tänzer stellt sich da die Frage: Lieben Publikum und Kritiker ihn, weil Gouneo wirklich der Beste ist oder weil er perfekt "passt"? Nur am Rande bemerkt: Seinen Nachnamen Gouneo hat er vom Sklavenhalter seiner Vorfahren.

War es das Neue, das Unbekannte, oder reichte es, eine Rolle mit einem Stereotypen zu besetzen?
Osiel Gouneo

Wie schwarz-weiß ist unser Denken wirklich?

Auf diese und ähnliche Weise kurbeln das Team aus Tänzer Gouneo und Autor Komma-Pöllath das Hirn der Lesenden immer wieder an: Wir lernen einen kubanischen, sozialistisch geprägten, familienversessen und auch dunkelhäutigen Blick kennen. Und fragen uns: Wie schwarz-weiß ist unser Denken wirklich? Wie vorgeformt sind unsere Sehgewohnheiten? Wäre es nicht endlich an der Zeit, nach Qualität und nicht nach Rot-Grün-Schwarz oder gelber Hautfarbe zu bewerten? In der Theorie sind wir alle "woke" und tolerant, erkundigen uns nach Pronomen und machen sexuelle Vorlieben zum Thema beim Kaffeeklatsch. Doch was den Rassismus angeht, sieht es, wirklich buchstäblich beim Wort "sehen" genommen, oft anders aus.

Das Ballett als Ort gesellschaftlich relevanter Fragen

Und so werden im Buch "Black Romeo" anhand des Mikrokosmos "klassisches Ballett" gesellschaftlich relevante Fragen verhandelt: vom "woke sein" bis zum "weißen Kaninchen". Dafür darf man getrost ein "Pique" für ein Gartengerät halten und "Pas de chat" für den Namen einer Champagner-Bar. Und man braucht auch nicht zu wissen, wie man den Ballettsprung "Changement" tanzt. Aber vielleicht verändert sich ja trotzdem der eigene Blick, wie eben bei einem Changement, auf Deutsch: die Veränderung. Mit dem winzigen Unterschied zum Ballett: Es rinnt einem beim Lesen nicht der Schweiß über die Stirn.

Infos zum Buch

Osiel Gouneo, Thilo Komma-Pöllath
"Black Romeo"
Mein Weg in der weißen Welt des Balletts

Verlag C. H. Beck
248 Seiten, mit 25 Fotografien
28,00 Euro

Sendung: "Allegro" am 15. März 2024 ab 6:05 Uhr auf BR-KLASSIK

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