Was Regisseur Barrie Kosky macht, ist meistens klug und immer sinnlich. Wenn er in München zu Gast ist, sind die Erwartungen hoch: Schließlich sind ihm an der Bayerischen Staatsoper schon mehrere Inszenierungen gelungen, zuletzt ein starker "Rosenkavalier". Nun hat er die Tierfabel "Das schlaue Füchslein" von Leoš Janáček in Szene gesetzt – für Kosky "ein Spiegel unserer Welt in 100 Minuten".
Aber das glitzert doch so schön! Dass Barrie Kosky am Lametta gespart hätte, kann man ihm jedenfalls nicht vorwerfen. Aus dem Bühnenhimmel senken sich wundersame Silbervorhänge herab, ein Geflecht aus Ketten, Spiralen und blitzenden Spiegelchen. Und der schwarze Bühnenraum zittert im Licht der pittoresken Glitzer-Strippen.
Eigentlich spielt Leoš Janáčeks "Schlaues Füchslein" ja im grünen, böhmischen Wald. Es geht um den großen Kreislauf der Natur, in den Mensch und Tier eingebunden sind, um Paarung, Geburt und Tod, Jahreszeiten und Generationen. Auf dem Besetzungszettel dieser ungewöhnlichen Oper stehen menschliche Dorfbewohner wie Förster und Wirtin einträchtig neben Füchsen, Grillen, Dachs und Dackel. Weshalb diese Oper von manchen gefürchtet wird. Denn etwa singende Stechmücken sind schließlich eine gewisse Herausforderung entweder an die Fantasie des Ausstatters oder den guten Willen des Publikums.
Regisseur Barrie Kosky erspart sich und uns putzige Tierkostüme und verlegt die Handlung stattdessen in eine Art abstraktes Varieté-Theater. Die Menschen tragen neutrales schwarz, die Tiere helle, schlichte Kleider. Nur bei Hühnern und Gockel gestattet sich Kosky knallgelbe Federkostüme. Wenn das Füchslein in den Hühnerstall einbricht, stieben die dottergelben Daunen, während fragmentierte Damenbeine herumfliegen. Ansonsten verlässt sich Kosky meist auf das hübsch vor sich hinglitzernde Bühnenbild. Oft stecken die Figuren halb im Bühnenboden. Das wirkt dann ein bisschen, als würden sie von den optisch opulenten, aber irgendwie auch sich selbst genügenden Glitzervorhängen in den Boden gedrückt.
Ja, es gibt einige berührende Momente – am stärksten in der Liebesszene zwischen Füchslein und Fuchs, wenn endlich die Interaktion zwischen den Figuren an Intensität gewinnt. Und natürlich hat das Bühnenbild eine starke Wirkung. Nur stiehlt es den Figuren über weite Strecken die Schau, ohne selbst eine starke Geschichte zu erzählen. Wirklich unter die Haut geht das nicht: Die Inszenierung wirkt gekonnt, aber kühl-dekorativ.
Dass sich der Abend trotzdem lohnt, liegt an den großartigen Sängerinnen und Sängern. Wolfgang Koch ist der Förster, und obwohl er zahllose Wagner-Partien hinter sich hat, klingt sein Bariton wunderbar warm und intakt. Stark auch der Fuchs von Angela Brower und vor allem das Füchslein: Elena Tsallagova ist eine fantastische Sängerdarstellerin, voller Energie und Körperspannung, mühelos in der Höhe, stimmlich jung und verführerisch. Dieses Leuchten geht unter die Haut.
Sendung: "Allegro" am 31. Januar 2022 ab 6:05 Uhr auf BR-KLASSIK