"1918 - Aufbruch in die Moderne" lautet das Motto des diesjährigen Kissinger Sommers. Den Blick von der Moderne zurück zu den Klassikern des Repertoires werfen hochkarätige Dirigenten und Musiker. Los geht's am 15. Juni mit einem Konzert der Cellistin Sol Gabetta, die dieses Jahr Artist in Residence ist.
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"Frei ist die Tonkunst geboren und frei zu werden ihre Bestimmung!" Dieser Ausruf von Ferruccio Busoni inspirierte Intendant Tilman Schlömp, beim aktuellen Kissinger Sommer dem Aufbruch ins Unbekannte nachzuspüren, wie ihn die Komponisten und Musiker vor 100 Jahren empfanden. "Trotzdem wird dies kein Festival der modernen Musik", wie Schlömp betont. Man habe vielmehr wichtige Klassiker des frühen 20. Jahrhunderts ausgesucht, um sie "in Beziehung zur Musik früherer Epochen" zu setzen.
Die argentinische Cellistin Sol Gabetta ist Artist in Residence beim Kissinger Sommer 2018 | Bildquelle: Uwe Arens So spielt Sol Gabetta, in diesem Jahr Artist in Residence in Bad Kissingen, gleich im Eröffnungskonzert am 15. Juni Edward Elgars Cellokonzert von 1919, sein letztes großes Werk, gewissermaßen ein klingender Abschied von der alten Zeit der Romantik. Eingebettet ist das Konzert in Werke von Schubert und Brahms mit dem Kissinger Festival-Orchester, der Deutschen Kammerphilharmonie Bremen unter der Leitung von Paavo Järvi. Auch in vielen weiteren Konzerten gibt es spannende Brückenschläge zwischen früher Moderne und klassisch-romantischer Tradition zu erleben: Elisabeth Leonskaja stellt Jacques Ibert Beethoven und Schubert gegenüber, Paul Meyer und Eric le Sage schlagen den Bogen von Weber bis Poulenc, das Artemis Quartett von Mozart bis Bartók. Arabella Steinbacher und die Bamberger Symphoniker kombinieren Mendelssohns berühmtes Violinkonzert mit den späten "Metamorphosen" von Richard Strauss und Martin Grubinger verlängert die Blickachse in die heutige Zeit: Von Tschaikowsky über Charles Ives bis zum zeitgenössischen amerikanischen Komponisten John Corigliano reicht sein Programm mit den Wiener Symphonikern. Igor Levit präsentiert zwei seiner Parade-Stücke: die Diabelli-Variationen von Beethoven und die Variationen über "The People United" von Frederic Rzewski. Annette Dasch und Wolfram Rieger widmen sich dem Jugendstil in der Musik. Außerdem gastieren in Bad Kissingen internationale Klassikstars wie Christian Tetzlaff, Khatia Buniatishvili, Arcadi Volodos, Grigory Sokolov.
Wie in jedem Jahr ist auch diesmal das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks dabei. Zusammen mit der Geigerin Alina Ibragimova und dem rumänischen Dirigenten Cristian Măcelaru interpretiert das Orchester Werke von Schumann, Dvořák und Leonard Bernstein, der 1918, im Themenjahr des Kissinger Sommers, geboren wurde.
Was als "Zonenrandförderung" begann, gehört inzwischen zur ersten Liga der europäischen Festivals. 1985 entstand die Idee: In Bad Kissingen, in unmittelbarer Nähe zur damaligen DDR, sollte die Kultur aufblühen und die Grenzgebiete, in denen sich im Kalten Krieg Westen und Osten belauerten, mit musikalischem Leben erfüllen - letztlich aber auch Brücken zwischen den "Blöcken" bauen. Und schon damals ist der Grundstein für den künftigen Erfolg mit einer wichtigen Weichenstellung gelegt worden: der Kombination von Weltklasse-Musikern und -orchestern mit hochtalentierten Nachwuchskünstlern.
So gibt in diesem Sommer etwa Altmeister Menahem Pressler, früher der Pianist des legendären Beaux-Arts-Trios, zusammen mit den Preisträgern des Kissinger Klavierolymps einen Meisterkurs.
Max Littmannsaal im Regentenbau | Bildquelle: © Feuerpfeil Verlags GmbH Neben den Künstlern trägt aber vor allem auch der Ort zum großen Erfolg des Festivals bei. Bad Kissingen mit seiner stilvollen Bäderarchitektur, im Zentrum - zwischen Rosengarten, Kurpark und der idyllisch dahinfließenden Saale - das Wahrzeichen der Stadt: der Regentenbau, ein Ensemble aus Konzertsälen, Bibliothek, Café und Säulengängen zum Flanieren, erbaut zwischen 1838 und 1913 auf Initiative der bayerischen Könige. Der erste historisch belegte Kurgast in Bad Kissingen war 1520 der Domdekan von Würzburg, im 19. Jahrhundert kam der Hochadel Europas an die fränkische Saale, darunter auch der österreichische Kaiser und der russische Zar. Im jüngsten Gebäude des Kurensembles, erbaut 1913 nach Plänen des Münchner Architekten Max Littmann, befindet sich der große Konzertsaal mit seiner Vertäfelung aus handgeschnitztem Kirschholz - für Sir Roger Norrington einer der drei besten Säle weltweit. Und ein authentischer Aufführungsraum für jene frühe Moderne, der sich der Kissinger Sommer heuer widmet.
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