Berliner Luft weht durch den Kurpark in Bad Kissingen: Der Kissinger Sommer hat in diesem Jahr einen Berlin-Schwerpunkt – mit hochkarätigen Gästen aus der Hauptstadt. Darüber hinaus sorgen Klassik-Stars aus der ganzen Welt für internationales Flair zwischen Regentenbau und Rosengarten. Ein Überblick über die Festival-Highlights.
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Kaum vorstellbar – wo noch kurz vorher die Kurgäste durch den Park schlendern, sind jetzt Soldaten verschanzt. 1866 kämpfen in der Schlacht von Bad Kissingen bayerische und preußische Soldaten erbittert in den Straßen des Kurorts. Einige Jahre später waren die Schäden beseitigt und die Kurgäste aus Berlin kamen wieder mit dem D-Zug vom Anhalter Bahnhof. Darunter waren zahlreiche Prominente und gekrönte Häupter wie die Kaiserin Auguste Victoria, die in Begleitung von Kronprinz Wilhelm zu einem mehrwöchigen Kuraufenthalt anreiste. Auch Bismarck war öfter zum "Abspecken" da und erhielt von der Bürgerschaft Bad Kissingens das erste Bismarck-Denkmal in Deutschland.
"Ich hab' noch einen Koffer in…" lautet also das Motto des Kissinger Sommers – denn Berlin prägt als "Hauptstadt, Musikstadt, Kulturstadt und Unterhaltungsstadt" zahlreiche Programme des diesjährigen Festivals. Da sind zum Beispiel einige hochkarätige Klangkörper aus Berlin, der RIAS Kammerchor zum Beispiel, das Radio-Sinfonieorchester Berlin, das Orchester der Komischen Oper Berlin, das Konzerthaus-Orchester Berlin mit seiner neuen Chefdirigentin Joana Mallwitz, das Deutsche Symphonie-Orchester, die Berliner Barock Solisten oder das "Capital Dance Orchestra". Und auch die gesamte Bandbreite der Berliner Musikgeschichte ist vertreten, von Carl Philipp Emanuel Bach, dem Kammermusikus des preußischen Königs Friedrich der Große, über Mendelssohn bis hin zu den wilden Zwanziger Jahren mit Kurt Weill, Revue und Operette.
04. Juli 2024, 18:05 Uhr: Das Eröffnungskonzert mit dem BBC Symphony Orchestra unter Sakari Oramo
23. Juli 2024, 18:05 Uhr: Die Berliner Barock Solisten und Christian Tetzlaff (Violine)
11. August 2024, 18:05 Uhr: Der RIAS Kammerchor
Ein Highlight des Berlin-Schwerpunkts ist die szenische Aufführung der Operette "Eine Frau, die weiß, was sie will!" von Oscar Straus in einer umjubelten Produktion von Barrie Kosky mit Max Hopp und Dagmar Manzel, bekannt als Kommissarin des Franken-Tatorts, sowie dem Ensemble und Orchester der Komischen Oper Berlin. In der Revue "Berlin, du coole Sau" feiert das "Capital Dance Orchestra" 100 Jahre Berliner Musikgeschichte von Merlene Dietrich über die Loveparade bis zum Berghain. Die Aura Berlins vor dem Zweiten Weltkrieg erweckt auch das Moka Efti Orchestra zum Leben, die Big Band aus der gefeierten Fernsehserie "Babylon Berlin", die nach einem legendären Tanzlokal benannt ist.
Der Dirigent Sakari Oramo | Bildquelle: picture alliance/dpa/CTK | Roman Vondrous
Das Herzstück des Kissinger Sommers bilden aber natürlich wie immer die Symphoniekonzerte mit herausragenden Orchestern, Solistinnen und Solisten. Neben den genannten Berliner Orchestern reist etwa aus London das BBC Symphony Orchestra an und präsentiert am Eröffnungswochenende zwei Konzerte und den alljährlichen Symphonic Mob. Sakari Oramo dirigiert das Eröffnungskonzert mit Werken von Carl Maria von Weber, Kurt Weill und Felix Mendelssohn Bartholdy. Alle drei Komponisten haben enge Verbindungen zu Berlin: Mendelssohn wuchs in der Stadt auf, Weill prägte den Soundtrack der "goldenen 20er Jahre" und Weber feierte am Gendarmenmarkt mit der Uraufführung des "Freischütz" seinen größten Erfolg.
Sakari Oramo spielt im Eröffnungskonzert selbst die Solovioline, am darauffolgenden Abend tritt die norwegische Geigerin Vilde Frang auf. Außerdem leitet der finnische Dirigent den "Symphonic Mob": Alle interessierten Amateurmusikerinnen und -musiker können teilnehmen und zusammen mit Mitgliedern des BBC Symphony Orchestra Werke der symphonischen Literatur einstudieren und aufführen.
Ein ausfürhliches Interview mit Sakari Oramo zum Eröffnungswochenende in Bad Kissingen können Sie hier lesen.
Weitere symphonische Abende gestalten die Bamberger Symphoniker, das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks, die Münchner Philharmoniker oder das Mozarteumorchester Salzburg. Namhafte Interpretinnen und Interpreten übernehmen Soloparts oder treten kammermusikalisch auf, darunter Julia Fischer, Daniel Müller-Schott, Hélène Grimaud, Grigory Sokolov, Jan Lisiecki, Konstantin Krimmel, Christian Tetzlaff und viele andere. Sie alle bringen ihre Koffer (vor allem ihre Instrumentenkoffer) hoffentlich mit nach Bad Kissingen und vergessen sie nicht in Berlin oder anderswo.
Sendung: "Allegro" am 20. Juni 2024 ab 6:05 Uhr auf BR-KLASSIK
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