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Kritik - "Der Prinz von Schiras" in Regensburg Prachtvolle Wiederentdeckung

Jahrelanger Recherche hatte es bedurft, Joseph Beers "Der Prinz von Schiras" wieder auf die Bühne zu bringen. Doch diese Arbeit hat sich am Theater Regensburg absolut gelohnt: Die erste Premiere nach 90 Jahren überzeugt vor allem musikalisch.

Szene aus "Der Prinz von Schiras" am Theater Regensburg, Dezember 2023 | Bildquelle: © Marie Liebig

Bildquelle: © Marie Liebig

"Happy", so lautet der erste Titel, mit dem Joseph Beers "Der Prinz von Schiras" auf einem amerikanischen Luxusliner beginnt. Und glücklich können sich sowohl das Publikum, als auch das gesamte Team des Regensburger Theaters schätzen, denn diese vergessene Operette kommt pünktlich zur Weihnachtszeit als großes Geschenk wieder auf die Bühne. Fast neunzig Jahre ist Beers mitreißende, facettenreiche Musik nicht erklungen, deren Bandbreite von jazzigen Tanznummern im Stil von Paul Abraham über spielerische Duette, wie man sie von Emmerich Kálmán kennt, bis hin zur großen Tenorarie in der Tradition von Franz Lehár reicht. Das Philharmonische Orchester Regensburg unter GMD Stefan Veselka legt sich bei allen Nummern lustvoll ins Zeug, auch die Klavierbegleitung zu den Dialogen trägt dazu bei, dass trotz der schnellen Wechsel ein durchkomponierter Eindruck entsteht. Joseph Beer hatte bereits als 24-jähriger seine eigene Handschrift gefunden und wagt Neues bei aller Verbundenheit zur Operettentradition der in dieser Zeit zu Ende gehenden Silbernen Ära. In "Der Prinz von Schiras" ver- und entlieben sich nicht ein, oder zwei Paare, nein es sind gleich vier.

Operettenglanz mit Duetten und vertauschten Geschlechtern

Szene aus der Prinz von Schiras am Theater Regensburg Dezember 2023. | Bildquelle: Marie Liebig Bildquelle: Marie Liebig Besonders die Duette lassen den zweieinhalbstündigen Abend auf höchstem Unterhaltungs- und Energieniveau vergehen. Dass Regisseur Sebastian Ritschel das persische Dienerpaar Fatme und Hassan in vertauschten Geschlechterrollen besetzt, gibt diesen beiden noch einen gewissen queeren Twist, und Fabiana Locke und Felix Rabas sind eine Wucht in diesen Rollen. Faszinierend anzuschauen ist überhaupt das gesamte spielfreudige, exzellent besetzte Solistenensemble mit Carlos Moreno Pelizari als stolzem, persischen Prinzen mit großer tenoraler Strahlkraft im silbern glänzenden Seidenanzug, der zwischen Verliebtheit und traditionellen Besitzansprüchen hin- und hergerissen wird. Das Objekt seiner Begierde, Miss Violet aus Alabama, trägt blonden Kurzhaarschnitt und wird als coole Lady im Monroe-Look von Kirsten Labonte darstellerisch wie stimmlich bestens verkörpert. Publikumsliebling Matthias Störmer kann als französischer Vicomte zwischen den Liebesfronten und auch beim Angriff der japanischen Marine auf den Dampfer humorvoll vermitteln. Weltgewandt bleibt dieser Lebemann konsequent an der Seite des ungleichen Hauptpaares, auch wenn sich die silberne Geschenkbox des ersten Aktes zum rotglitzernden Nachtclub samt Ballett-Haarem im persischen Palast wandelt.

90 Jahre und kein bisschen verstaubt

Das außergewöhnliche Bühnenbild von Kristopher Kempf trägt mit den paillettenglitzernden Kostümen von Sebastian Ritschel dazu bei, dass dieses neunzigjährige Werk alles andere als verstaubt daherkommt. Im zweiten Akt werden zwar Dialoge und auch die Musik etwas eindimensionaler, wie auch das Happy End mit Fragezeichen im letzten Akt auf Violets Hazienda dramaturgisch nicht komplett überzeugt. Doch musikalisch ist so viel Spannendes und Mitreißendes in diesem Werk zu entdecken, dass – wie in den meisten Operetten- die Frage nach der Logik in den Hintergrund rückt. Großes Kompliment auch an den Regensburger Opernchor und Gabriel Pitonis witzige und lebendige Choreografie! Das Ausgrabungs- Operetten- Weihnachtsgeschenk des Regensburger Theaters ist ein rundum gelungener, schillernder und umjubelter Theaterabend.

Sendung: "Allegro" am 18. Dezember 2023, 06:05 Uhr auf BR-KLASSIK

Kommentare (2)

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Dienstag, 19.Dezember, 01:15 Uhr

Jörn Florian Fuchs

Radioübertragung

DLF Kultur sendet am 29.12. einen Mitschnitt der Aufführung!

Montag, 18.Dezember, 16:51 Uhr

Klaus Thiel

Prinz von Schiris

Wie schön, dass es da doch immer noch was zu entdecken gibt !
(Und dass sich Theater finden, die das dann auch noch wagen !)
Gratulation - würde sich eine Übertragung nicht lohnen ?
Oder soll ich erst DLF-Kultur scharf machen ??

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