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Kritik – Die Rache der Fledermaus in Berlin Ein Abend mit überraschender Wendung

Strauss' "Fledermaus" ist seit 150 Jahren ein Garant für volle Opernhäuser. An der Komischen Oper Berlin hatte nun sein Ableger "Die Rache der Fledermaus" Premiere. Ein Gastspiel aus Winterthur, das im Klamauk ersäuft und doch eine überraschende Wendung parat hat.

Die Rache der Fledermaus, Komische Oper Berlin | Bildquelle: Michael Bigler

Bildquelle: Michael Bigler

Fünf Musiker als Orchester

Radikal gekürzt und entschlackt haben Stefan Huber und Kai Tietje das Wechselspiel um Liebe und Maskeraden. Fünf Musikerinnen und Musiker auf der Bühne ersetzen das Orchester. Das tun sie ziemlich meisterlich. Dr. Falke will sich rächen, weil Eisenstein ihn im Karneval als besoffene Fledermaus durch die Stadt hat wanken lassen. Er intrigiert und dirigiert sie alle auf die Fete des Prinzen Orlowski, bei dem jeder nach seinem Geschmack glücklich werden kann.

Kritikerin ermüdet, Publikum begeistert

Doch diese Fassung der "Fledermaus" langweilt stellenweise ziemlich. Alle übertreiben und chargieren, vor allem Christoph Marti von den Geschwistern Pfister als Eisensteins Ehefrau Rosalinde: mal ungarische Gräfin mit übertriebenem Marika-Rökk-Akzent, mal vernachlässigte Gattin, immer over the top. Das Schenkelklopfen wird zum Dauerbrenner. Das ermüdet, das langweilt. Nicht aber das Publikum, das sich köstlich amüsiert und nach jeder Nummer jubelt, sondern nur die mäkelige Kritikerin. Die Hits sind virtuos choreografiert, aber alles bleibt an der Oberfläche. Der Tiefsinn des Meisterwerks "Fledermaus" versinkt im Klamauk.

Ein Theaterwunder

Jedoch gesegnet sei eine klug gewitzte Garderobenfrau. Sie sieht in der Pause meine herabhängenden Mundwinkel und tröstet: "Warten se ab, der zweite Teil wird besser." Und dann geschieht tatsächlich ein Wunder, ein Theaterwunder, selten genug. Stefan Kurt betritt die Bühne als Gefängniswärter Frosch. Für diese zehn Minuten Schweizer Grantigkeit, für diese tiefe Melancholie, gepaart mit unfassbarer Komik, erträgt man alle Derbheit des Restabends. Kurt als Mischung aus Karl Valentin und Emil, Ludwig Hirsch und einer Prise Polt zeigt, wie hohe Bühnenkunst sich abhebt von überspannter Grobheit, wenn er als Frosch übers Sparen und dieses komische Gefängnis sinniert, aus dem irgendwann die Komische Oper wird. Das ist unerreicht, auch wenn es überhaupt nichts mehr mit Strauss' Walzerseligkeit zu tun hat. Der beste Frosch ever. Dafür lohnt sich die "Fledermaus". Das Publikum bejubelt das gesamte Ensemble laut und glücklich, aber am lautesten und glücklichsten den Frosch, den wunderbaren Stefan Kurt.

Sendung: "Piazza" am 11. Februar 2023 ab 8:05 Uhr auf BR-KLASSIK

Kommentare (3)

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Sonntag, 12.Februar, 15:29 Uhr

Martin Müller

Kurt als Mischung aus Karl Valentin und Emil, Ludw

Ich kenne die Aufführung nicht, aber der Ausschnitt, den Sie im Radio gespielt haben, ist ein in der Deutschschweiz breit bekanntes und kultiges Mundartlied der berner Mundartrockband Rumpelstilz aus dem Jahr 1976. Also keine Mischung aus Karl Valentin und Emil, Ludwig Hirsch und einer Prise Polt zeigt, sondern eine Referenz auf ein Original, dessen Sänger politisch heute weit, weit von seinen Wurzeln abgekommen ist.

Sonntag, 12.Februar, 00:28 Uhr

Alexandra Gründel

Fledermaus

Die Geschwister Pfister sind bekannt für ihre Art der Übertreibung, ist köstlich, einfach mal lustig sein.

Samstag, 11.Februar, 16:18 Uhr

Beate Schwärzler

Stefan Kurt als Frosch

Danke, sehr geehrte Frau Maria Ossowski,
für die Beschreibung dieses "besten Frosch ever": Stefan Kurt.
"Kurt als Mischung aus Karl Valentin und Emil, Ludwig Hirsch und einer Prise Polt zeigt,
wie hohe Bühnenkunst sich abhebt von überspannter Grobheit."

Eben.
Und "eine kluge gewitzte Garderobenfrau" macht auch Mut und nährt die Hoffnung, daß
hohe Kunst und guter Geschmack (in g u t e m, auch gewitzten Sinn) noch eine Chance haben, nicht ganz verloren zu gehen.

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