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Puccinis "Madama Butterfly" in Immling Der (Alp-)Traum von der Neuen Welt

Ein amerikanischer Marineleutnant sucht das Vergnügen ohne Verpflichtung, eine japanische Geisha sucht die große Liebe – diese Konstellation führt in Giacomo Puccinis Oper "Madama Butterfly" in die Katastrophe. Das Opernfestival in Immling (Chiemgau) prunkt mit einer faszinierenden Orchesterleistung und einer sensationellen Interpretin der Titelrolle.

Madame Butterfly in Immling | Bildquelle: Nicole Richter

Bildquelle: Nicole Richter

Dekorative Regie – interessante Deutung

Auf der Bühne zunächst die üblichen Japan-Klischees: ein Tischchen, ein paar Sitzkissen, ein Schaukelstuhl, an der Rückwand großflächige zartrosa Projektionen mit angedeuteten Zweigen, in der Bühnenmitte ein Häuschen mit praktischen, reichlich genutzten und dekorativ beleuchteten Schiebetüren. Regisseur Ludwig Baumann, der Hausherr von Immling, präsentiert uns ein Museum – und macht eine Emanzipationsgeschichte daraus. Seine Cio-Cio-San ist alles andere als einfügsames Geisha-Püppchen. Sie weiß, was sie will. Leutnant Pinkerton ist vielleicht nicht ihre große Liebe, aber er wird sie mitnehmen in die Neue Welt – weg von ihrem Familienclan, der sie eh schon verstoßen hat.

Sopranistin Yana Kleyn: eine Entdeckung

Madame Butterfly in Immling | Bildquelle: Nicole Richter Yana Kleyn meistert die mörderische Partie ohne Ermüdungserscheinungen bis zum letzten Ton. | Bildquelle: Nicole Richter Die russisch-dänische Sopranistin Yana Kleyn ist darstellerisch eine Entdeckung und sängerisch eine Sensation. Leicht metallisch-herb ihr Sopran, perfekt fokussiert und überwältigend in den dramatisch aufleuchtenden Höhen – ohne Ermüdungserscheinungen bis zu den letzten Tönen dieser mörderischen Partie. Im zweiten Akt schon lebt sie ihren amerikanischen Traum – im weißen Kostüm und in hochhackigen Schuhen, Zigarette rauchend und einen Drink in der Hand. Bei Pinkertons Rückkehr wird sie sich ihren Kimono nur lose überwerfen, denn mit ihrem Leben als Japanerin hat sie längst abgeschlossen.

Starkes Ensemble ohne Puccini-Parfum

Dieser Produktion fehlt das schwere, pudrige Puccini-Parfum. Doch vermisst man die bei diesem Komponisten sonst häufig gereichte Überzuckerung nicht. Das Festivalorchester Immling unter Evan-Alexis Christ spielte zart und transparent; dosiert gesetzte, machtvolle Akzente machten umso größeren Effekt. Stark Irina Maltseva als Suzuki. Von elementarer Wucht ihr Terzett mit dem famosen Jiří Rajniš als Sharpless und Pinkerton, den der tenoral auftrumpfende Jenish Ysmanov mit einem allzu selbstbewusst servierten Dauerforte versah. Das passte allerdings zu seinem Portrait als schulterklopfender Donald Trump – mit rotblonder Mähne, jovialem Grinsen und etwas besseren Manieren als das Original. Fabelhaft einstudiert der Immlinger Festspielchor, dessen Damen sich im Summchor mutig und erfolgreich in die vokale Stratosphäre wagten.

"Madama Butterfly" beim Immling Festival: eine Breitseite gegen die Macho-Männer. Und am Schluss zieht trotzdem die Frau den Kürzeren. Aber alles andere ginge gegen Puccini und seinen Librettisten.

Sendung: "Piazza" am 9. Juli 2022 ab 8:05 Uhr auf BR-KLASSIK.

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