Die Geschichte ist düster. In Giuseppe Verdis Oper "La forza del destino" ("Die Macht des Schicksals") gibt es zahlreiche Kriegsszenen. Am Landestheater Linz brachte Peter Konwitschny das Werk jetzt auf die Bühne. Und reduzierte gnadenlos. Das Ergebnis: phänomenal! Am Samstag war Premiere.
Bildquelle: Reinhard Winkler
Dass man dies noch erleben darf! Da endet, wie so oft, eine Oper von Giuseppe Verdi düster und verzweifelt, die Hauptakteure werden entweder mit Einsamkeit oder gleich mit dem Tod gestraft. Und was macht Peter Konwitschny, der Meister des Pessimismus, daraus? Eine Erlösungsgeschichte! Nun gut, das ist vielleicht etwas übertrieben formuliert, aber am Schluss der "Macht des Schicksals" erklingt ein wunderbarer Sehnsuchtschor, der Gott um Hilfe bittet und sanfte, lichtvolle Kantilenen gen Himmel und auch in Richtung des nun erleuchteten Zuschauerraums sendet.
Sung-Kyu Park(Alvaro) und Adam Kim (Carlo) | Bildquelle: Reinhard Winkler Zuvor zeigt uns Konwitschny freilich schon ein dunkles, packendes Psychodrama. Auch in seiner Sicht lieben sich Leonora (mit gleißendem Supermelos: Erica Eloff) und Alvaro (mit satter Steigerungskurve: Sung-Kyu Park). Leonoras Vater ist davon nicht begeistert. Versehentlich (Schicksal? Zufall?) erschießt Alvaro den alten Herren, worauf Leonoras Bruder Carlo (auch exzellent: Adam Kim) Rache schwört und nach wirklich sehr unglaubwürdigen Verwicklungen - die Männer begegnen sich etwa als Soldatenkameraden wieder und retten einander das Leben - gibt es zwei tote Geschwister und einen verzweifelten Alvaro.
Verdi reichert das Ganze mit etlichen eindrucksvollen, aber extrem martialischen Kriegsszenen an und kommt nach rund drei Stunden zum Schluss. Konwitschny schneidet fast den ganzen Soldateska-Bombast heraus und konzentriert sich ganz auf die wesentlichen Figuren, trotzdem gibt es die berühmte "Rataplan"-Nummer (ein Wunschkonzert-Hit), doch da tanzen vor allem wilde Weiber. Und wer als Soldat auftritt, ist entweder Karikatur oder tristes Häuflein Mensch. Der Abend dauert rund 100 Minuten und mittels äußerst klugen Umstellungen von Szenen gelingt es Konwitschny und seinem Dramaturgen Christoph Blitt, das Stück endlich mal verständlich auf den – glühenden – Punkt zu bringen.
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Erica Eloff (Leonora) | Bildquelle: Reinhard Winkler Die von Verdi bisweilen recht ungebrochen vertonte Süffigkeit des Krieges geht so flöten, dennoch schwingen die ausführlichen, sinnlosen Metzeleien im Hintergrund mit, vor allem in kleinen Auftritten, Mini-Szenen – schlaglichtartig. Es gibt ein paar ironische Brechungen (vielleicht ist das Wort auch schon zu stark, man könnte auch sagen, Momente zum Schmunzeln). Peter Konwitschny ist diesmal sogar sein eigener Bühnenbildner, wir sehen eine sich oft bewegende Drehbühne, die indes immer fast denselben Raum zeigt: ein bunkerähnliches Ambiente, das alle Spielorte mühelos vereint, ob herrschaftliches Haus, Kriegslager oder Kloster.
Enrico Calesso erweist sich am Pult des Bruckner Orchesters Linz als idealer Sparringspartner für Regie und Sängerensemble. Kraftvoll glühend, fein in den Details gearbeitet - wunderbar! Das Modell, schwierigen Stücke auf solch kluge Weise zu Leib zu rücken, sollte unbedingt Schule machen. Bei den Salzburger Festspielen gab es ja im Corona-Sommer die toll komprimierte "Così fan tutte" (auch ein langes Werk, welches aber nicht solche dramaturgischen Probleme bereitet wie Verdis "Macht des Schicksals"). Hans Neuenfels kapitulierte einst bei George Enescus "Oedipe" und ließ gleich den ganzen finalen Akt weg, weil der Titelheld da erlöst wird und Neuenfels nach eigenem Bekunden dazu nichts einfiel. Konwitschny sollte sich schleunigst weiteren 'Problemfällen' widmen, zack und weg mit dem überflüssigen Opernspeck!
Sendung: "Allegro" am 23. Januar 2023 ab 6:05 Uhr auf BR-KLASSIK
Kommentare (4)
Montag, 23.Januar, 23:39 Uhr
Volkmar
Opernregie
Viele Opern werden erst durch unsägliche Inszenierungen im sg. Regietheater zu "Problemfällen".Ich denke da vor allem an den letzten Bayreuther Ring.Allerdings wäre ich mit dem Begriff Meisterwerk etwas zurückhaltender.
Viele italienische Werke zählen für mich nicht dazu,teils wegen verworrener Handlungen,schlechter Libretti oder etwas zu simpel gestrickter Musik.Hier sollte durchaus abgespeckt werden und grandiosen Musikdramen u.a Janacek mehr Raum gegeben werden . Sicher schwierig vor allem für Touristenopernhäuser.
Montag, 23.Januar, 08:40 Uhr
Helga
Kritik
Warum denn nicht gleich ganz weg mit den überflüssigen Opern…..
Sonntag, 22.Januar, 12:21 Uhr
Johann
Was soll das billige Niveau dieser Opernkritik? Wen wollen Sie damit erreichen? Verdis Forza del destino ist ein Meisterwerk der Operngeschichte und sicherlich kein Problemfall. Wo ist da bitte "überflüssiger Opernspeck"? Was soll diese sinnfreie Formulierung? Auch Ausdrücke, wie "wilde Weiber" sollten im 21. Jahrhundert wirklich nicht mehr vorkommen. BR Klassik ist ein wunderbarer, liebevoll gemachter Sender, umso erschreckender ist das Niveau mancher Kritiken, wie dieser hier. Die Sängerinnen und Sänger werden nur in Klammern kurz und knapp gewürdigt, dafür gibt es eine einzige Lobhudelei für den Regisseur. So funktioniert wirklich keine gute Kritik.
Sonntag, 22.Januar, 10:45 Uhr
Klaus Sallmann
Regie
Wieder mal eine Kritik über eine Opernaufführung, in der anscheinend keine Sänger auftraten. Es geht nur noch um Regie (die sicher im Falle Konwitschny sehr gut ist). Die Ausführenden werden bis auf den Dirigent ignoriert.