Der Bayerische Lehrer- und Lehrerinnenverband schlägt zum Schulstart Alarm: An Grund-, Mittel- und Förderschulen im Freistaat fehlten 4.000 Lehrkräfte. Das wirkt sich auch auf den Musikunterricht aus.
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In Bayern geht das neue Schuljahr los. Doch der Bayerische Lehrer- und Lehrerinnenverband (BLLV) warnt vor einem "bildungspolitischen Streichkonzert" mit schwerwiegenden Auswirkungen. Wie der BLLV mitteilt, fehlen derzeit an den Grund-, Mittel- und Förderschulen im Freistaat circa 4.000 Lehrkräfte. Die Auswirkungen seien schwerwiegend: "Es fällt Unterricht aus. Es werden Stunden gestrichen", progostiziert Simone Fleischmann, Präsidentin des BLLV.
Das betrifft auch den Musikunterricht. Obwohl der im Freistaat eigentlich verpflichtend im Lehrplan verankert ist, mit einer vorgeschriebenen Stundenzahl. "Aber qualifizierte Lehrerinnen und Lehrer fehlen in Bayern eben nicht nur im Bereich Rechnen, Lesen oder Geschichte, sondern eben auch im Fach Musik", so Simone Fleischmann im Gespräch mit BR-KLASSIK. Schulleiterinnen und Schulleiter stünden nun vor dem Dilemma: Welche Unterrichtsstunden müssen aus der Not heraus gestrichen werden, um die "Löcher zu stopfen"? Um den Lehrermangel zu bewältigen, werde dann oft der Musik- und Kunst- oder Sportunterricht zuerst gekürzt, bedauert die BLLV-Präsidentin. Von Kolleginnen und Kollegen weiß sie, das dies auch in diesem Schuljahr der Fall ist.
Beispiel Mittelfranken: Zu Beginn des neuen Schuljahrs sind an jeder der rund 400 Grund- und Mittelschulen im Regierungsbezirk im Durchschnitt 18 Unterrichtsstunden nicht besetzt. "Um den Unterricht in Kernfächern wie Deutsch und Mathematik sicherzustellen, muss an anderer Stelle gespart werden", erläutert Thomas Reichert, der Leiter des staatlichen Schulamts in Nürnberg, dem BR.
Für Simone Fleischmann ist dieser Zustand eine Katastrophe: "Der ganzheitliche Bildungsbegriff umfasst mehr als Englisch, Mathe, Deutsch!" Aus ihrer Zeit als Schulleiterin einer Grund- und Mittelschule weiß sie, wie positiv sich gerade Musik auf die Schulgemeinschaft auswirkt, sei es durch Unterricht, einen gemeinsamen Schulsong, eine Orchester-AG oder Instrumentalunterricht. "Musik macht den Lernraum Schule zum Lebensraum." Doch Simone Fleischmann macht noch auf eine andere Problematik aufmerksam: "Viele Kinder kommen nur in der Schule mit Musik in Berührung. Wenn Musikunterricht an Schulen gestrichen wird, verlieren diese Kinder den Zugang zur Musik und wir verlieren musikalische Talente. Das wird uns nachhaltig beeinflussen!"
Wenn Musikunterricht an Schulen gestrichen wird, verlieren viele Kinder den Zugang zur Musik.
Noch mindestens bis zum Jahr 2032 werden laut BLLV nicht genug Lehrkräfte an Bayerns Schulen unterrichten. Denn die Zahl der Schülerinnen und Schüler im Freistaat wird bis Mitte der 2030er Jahre von derzeit mehr als 1,6 Millionen auf dann über 1,8 Millionen steigen. Diese Berechnungen begründet die Kultusministerkonferenz mit "zuletzt stetig angestiegenen Geburtenzahlen" und der Zuwanderung.
Weniger als die Hälfte des Musikunterrichts an deutschen Grundschulen wird von ausgebildeten Musikpädagog*innen gegeben. Nach Schätzungen der Bertelsmann-Stiftung fehlen mindestens 23.000 Musiklehrerinnen und Musiklehrer. Das zeigt die erste bundesweite Auswertung von Daten zum Musikunterricht in Deutschland. Lesen Sie hier unsere Zusammenfassung.
In Bayern gibt es immer weniger Studierende im Fach Schulmusik für die Grund- und Mittelschule. | Bildquelle: picture alliance / Monika Skolimowska/dpa-Zentralbild/dpa Im Gegensatz zu den steigenden Schülerzahlen gebe es in Bayern immer weniger Studierende im Fach Schulmusik für die Grund- und Mittelschule, beobachtet Hans-Ulrich Schäfer-Lembeck, Präsident des Bundesverbands Musikunterricht (BMU), Landesverband Bayern. An der Hochschule für Musik und Theater Münche habe es in den vergangenen Jahren nur einen einzigen Schulmusikabsolventen für die Mittelschule gegeben. Einen Grund hierfür sieht Schäfer-Lembeck in der ungleichen Eingangsbesoldung von Grund-, Mittel- und Gymnasiallehrkräften. Doch auch die Musikhochschulen müssten den Studiengang Schulmusik stärker in den Fokus rücken und für alle Schularten gleichermaßen fördern.
Um den Musiklehrermangel abzufedern, durchlaufen im Freistaat inzwischen alle Grundschullehrkräfte während ihrer Ausbildung eine sogenannte "Basisqualifikation" im Fach Musik. Und für die Mittelschulen gebe es Budgets, um Musiklehrer*innen auf dem freien Markt anzuheuern, so Schäfer-Lembeck.
Eine nachhaltige Strategie sieht für den BLLV allerdings anders aus. Er appelliert eindringlich an die Politik: "Wir wissen, was zu tun ist, damit sich der Lehrermangel langfristig beheben lässt: attraktive Arbeitsbedingungen, die gleiche Eingangsbesoldung in allen Schularten und eine flexible Lehrerbildung! Wir müssen jetzt beginnen, diese Aufgaben anzupacken."
Sendung: "Leporello" am 12. September 2022 ab 16:05 Uhr auf BR-KLASSIK
Kommentare (1)
Dienstag, 13.September, 13:11 Uhr
Wilfried Schneider
WIRD NUN MUSIKUNTERRICHT GESTRICHEN?
Kein Geld für Bildung und Kultur, aber 13,4 MILLIONEN Euro für 500 m Radschnellweg in München! Na ja, auch München muss Prioritäten setzen. Einen Kommentar erspare ich mir, er wäre mit Sicherheit nicht "stubenrein"!