Im Rahmen der Mozartwoche Salzburg gibt Robert Levin am 2. Februar ein Solo-Recital mit Klaviersonaten des Komponisten. Im Interview spricht der amerikanische Pianist über die Herausforderungen der Mozart-Interpretation - und dass er Mozarts Musik schon als kleines Kind lieben lernte.
Bildquelle: © Sue Rosner
Das Interview zum Anhören
BR-KLASSIK: Robert Levin, erinnern Sie sich, wann Ihnen Mozarts Musik zum ersten Mal begegnet ist?
Robert Levin: Das ist eine leichte Frage, denn es gibt dazu einen Beleg. Und zwar hatte mein Vater schon in den Vierzigerjahren ein Gerät, mit dem er Langspielplatten selbst aufnehmen konnte. Und es gibt eine Aufnahme, auf der ich im Alter von gerade einmal 24 Monaten die Arie "La ci darem da mano" aus Mozarts "Don Giovanni" singe. Das ist ein Beweis dafür, dass Mozart damals in der Wertschätzung meines Vaters ganz weit oben lag: Er besaß 150 Mozart-Alben, bevor ich überhaupt etwas von Musik verstand.
BR-KLASSIK: Ist diese frühe Begegnung mit Mozart dann ein Impuls dafür geworden, warum Sie Musiker und Musiktheoretiker geworden sind und außerdem deutsch sprechen?
Robert Levin: Das ist alles ein wenig kompliziert (lacht). Mein musikalischer Werdegang hat eigentlich in Frankreich begonnen: Ich studierte fünf Jahre mit Nadia Boulanger. Erst später begann meine Bekanntschaft mit Deutschland und auch mit der Musikwissenschaft. Ein Studienkollege hatte mir vorgeschlagen, die Orgelstimme im Mozart'schen Requiem zu übernehmen. Er sagte: "Ich weiß, dass du ganz scharf auf Mozart bist. Es gibt eine neu entdeckte Skizze zu einer Amen-Fuge im Lacrymosa des Requiems. Arbeite die doch bitte zu Ende, und wir werden das aufführen." Das war also der Anfang des Ganzen.
Ich weiß, dass du ganz scharf auf Mozart bist.
BR-KLASSIK: Diesem Angebot konnten Sie also nicht widerstehen …
Robert Levin: Das war schon auch einschüchternd. Eigentlich wusste ich, dass man daran scheitern musste - aber je nachdem wie man scheitert, kann man auch etwas dadurch lernen! Gleichzeitig hatte ich damals einen Dirigierkurs bei Hans Swarowsky belegt, und er sagte mir: "Wer Mozart richtig spielen will, muss improvisieren!" Das war mir damals völlig fremd. Swarowsky wies mich dann auf Friedrich Gulda hin. Ich kaufte mir sofort die Platte, auf der Gulda und Swarowsky Mozarts Klavierkonzerte KV 467 und 595 interpretieren. Mir blieb die Spucke weg - und ich dachte: Das möchte ich auch machen!
Donnerstag, 02. Februar 2017, 15.00 Uhr
Salzburg, Mozart-Wohnhaus, Tanzmeistersaal
Wolfgang Amadeus Mozart:
Sonate G-Dur für Klavier KV 283
Sonate C-Dur für Klavier KV 309
Sonate F-Dur für Klavier KV 332
Sonate B-Dur für Klavier KV 570
Sonate D-Dur für Klavier KV 284
Robert Levin (Mozarts Walter-Flügel)
BR-KLASSIK: Sie improvisieren jetzt auch im Konzert. Die Sprache der Improvisation ist ja eine Sprache, die Andere kaum noch beherrschen. Ist sie denn noch verständlich?
Wolfgang Amadeus Mozart | Bildquelle: picture-alliance/dpa Robert Levin: Man kann nur fragen: Warum ist Mozart so beliebt? Das ist natürlich auch darin begründet, dass man seine Musik so "verspielt" vortragen kann. Es gibt bei Mozart aber auch Drama, Risiko, Verzweiflung - es gibt Terror, Wonne und Ekstase. All das findet sich in Mozarts Musik, weil er ein Beobachter des menschlichen Zustands ist. Dazu bedient er sich einer Sprache, die er geerbt hat: So hat er das Traktat von Carl Philipp Emanuel Bach studiert und Unterricht von seinem Vater erhalten, allerdings nie eine Schule besucht. Im Laufe der Jahre hat er dann seine persönliche Sprache derart weiterentwickelt und perfektioniert, dass man nur staunen kann.
BR-KLASSIK: Wenn wir uns nun mit dem Instrument beschäftigen, das Sie jetzt benutzen - und auf dem auch Mozart persönlich gespielt hat: Beeinflusst Sie das - das Material des Instruments, der Klang, aber auch die Tatsache, dass Mozart persönlich darauf spielte?
Robert Levin: Ja, natürlich. Wenn man bedenkt, dass Mozart mehrere seiner Klavierkonzerte darauf uraufgeführt hat: Das macht schon einen enormen Eindruck - so ähnlich, wie wenn man in einen Dom geht und dort Reliquien bestaunt, als ein Denkmal der menschlichen Kultur.
Mozart ist ungeduldig, es fällt ihm immer etwas Neues ein.
BR-KLASSIK: Das ist wahrscheinlich so eine Mischung zwischen Gänsehaut und Respekt …
Robert Levin: Ja. Aber es wäre ein Fehler, zu vorsichtig oder eingeschüchtert zu spielen, weil Mozarts Sprache immer lebendig und auch unberechenbar ist: Es gibt bei ihm alle paar Sekunden einen Charakterwechsel. Es kann gefährlich sein, diese Musik nur schön, hübsch und harmlos vorzutragen. Es muss etwas passieren! Mozart ist ungeduldig, es fällt ihm immer etwas Neues ein. Daran habe ich großen Spaß. Andere könnten das Respektlosigkeit nennen, aber für mich ist es eine Wonne, mich mit dieser Sprache auseinanderzusetzen.
Die Fragen stellte Elgin Heuerding für BR-KLASSIK.
Seit 1956 organisiert das Salzburger Mozarteum jedes Jahr in den Tagen um Mozarts Geburtstag am 27. Januar die Mozartwoche. Ziel der Veranstaltungsreihe ist es, Mozart für das Publikum immer wieder neu erlebbar zu machen. Mit mehr als 30 Veranstaltungen bietet die Mozartwoche ein dichtes und abwechslungsreiches Programm mit Konzerten, Diskussionsrunden und Filmvorführungen. Im Mittelpunkt der Woche steht immer die szenische Produktion eines Musiktheaters. Zu den eingeladenen Interpreten gehören international renommierte Orchester wie die Wiener Philharmoniker, die regelmäßig bis zu drei Konzerte bestreiten. 2017 sind beispielsweise Yannick Nézet-Séguin, das Hagen Quartett, András Schiff oder Renaud Capuçon mit dabei.
Das vollständige Programm der diesjährigen Mozartwoche vom 26. Januar bis 5. Februar 2017 finden Sie hier.