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Opernbühne Maxlrain zeigt "Liebesverbot" Mit Wagner auf der Couch

Als "Jugendsünde" hat Richard Wagner seine zweite Oper "Das Liebesverbot" abgetan, die er mit Anfang 20 geschrieben und im Sizilien des 16. Jahrhunderts angesiedelt hat. Die ambitionierte Operntruppe im oberbayerischen Maxlrain hat das selten gespielte Stück heuer auf den Spielplan ihres kleinen Sommerfestivals gestellt – und einen durch und durch "italienischen" Wagner entdeckt.

Szene aus "Das Liebesverbot" in Maxlrain | Bildquelle: Chariklia Apostolu

Bildquelle: Chariklia Apostolu

Eine Reithalle als Opernhaus

Der Kontrast könnte kaum größer sein: Hier das prächtige Renaissanceschloss Maxlrain in leuchtendem Gelb und gleich neben der eleganten Gartenanlage eine nüchterne Scheune, eine ehemalige Reithalle. Sie ist der Spielort. Eine Herausforderung, wenn man hier Oper machen möchte, sagt Dirigentin Chariklia Apostolu: "Wir haben natürlich keine Voraussetzungen wie in einem Theater. Wir haben keine Drehbühne. Aber Jahr für Jahr versuchen wir die Technik aufzustocken, damit wir es leichter haben. Jedes Jahr investieren wir ein bisschen mehr."

Oper für Alle

Das Renaissance-Schloss Maxlrain. | Bildquelle: BR Im Sommer auch mal Opernbühne: Schloss Maxlrain | Bildquelle: BR Schlossherr Prinz von Lobkowicz ist Schirmherr der Opernbühne Maxlrain. Zusätzliche finanzielle Unterstützung kommt von Sponsoren. Die Einnahmen werden ausschließlich über die Eintrittskarten erwirtschaftet. Chariklia Apostolu schwärmt vom Zusammenhalt der Maxlrainer Truppe, vom unbedingten Willen aller, auch unter nicht idealen Bedingungen was Großes, Schönes, Gemeinsames zu schaffen – gerade auch für Musikfans abseits großer Opernzentren:  "Wir wollen unbedingt, dass die Menschen aus der Region in die Oper kommen. Deshalb versuchen wir auch, die Preise auf einem moderaten Niveau zu halten."

Man hat mich gefragt, ich bin gekommen – und geblieben!
Chariklia Apostolu über ihre Arbeit in Maxlrain

Die Dirigentin brennt für dieses Projekt. 2018 war sie, die sonst am Salzburger Mozarteum und am Konservatorium Eisenstadt unterrichtet, zum ersten Mal als Einspringerin hier ."Man hat mich gefragt, ich bin gekommen – und geblieben!", erzählt sie.

Sieg der Sinnlichkeit

Inzwischen ist Chariklia Apostolu Intendantin in Maxlrain und überrascht ihr Publikum in diesem Sommer mit einer Rarität: In seiner zweiten Oper "Das Liebesverbot" hat sich der junge Richard Wagner 1836 bei der Komödie "Maß für Maß" von Shakespeare bedient und die turbulente Geschichte um einen Herrscher, der seine eigenen Gesetze nicht einhält, im Sizilien des 16. Jahrhunderts angesiedelt. Gemünzt hat der 23-jährige Komponist dieses Plädoyer für einen Sieg der Sinnlichkeit über die Macht natürlich auf sein eigenes Deutschland.

Wagner, wie man ihn eher nicht kennt: italienisch

Die Musik ist eine Wundertüte: eine Hommage an die französische und italienische Komödie mit lauter Überraschungen. Und eigentlich Wagner für Wagner-Hasser, sagt Regisseur Andreas Wiedermann: "Es hat mit dem Wagner, den man kennt und vielleicht nicht mag, nichts zu tun. Man wird den Wagner, den man nicht mag, auch nicht erkennen, weil es ein sehr italienischer Wagner ist."

Wagner als Screwball-Komödie

Bei Wiedermann spielt die Oper in der Praxis eines Therapeuten. Und da schlagen die Protagonisten der Oper auf: Paare mit Eheproblemen. Workaholics, Menschen, die einander betrogen haben. Wie in einer Screwball-Komödie geben sich die Sänger und Sängerinnen buchstäblich die Klinke in die Hand – der Regisseur hat sich einen Einheitsraum mit vier Türen bauen lassen, der auch dem grandiosen Chor effektvolle Auf- und Abtritte ermöglicht. Ein Chor überwiegend aus Laien, wie Dirigentin Apostolu schwärmt: "Die Oper ist eine Ensembleoper – und der Chor hat einen Part wie alle Solisten. Wenn man bedenkt, dass der Chor aus Laien besteht: Das machen sie richtig großartig." Für ihr Orchester hat sich die Dirigentin Musiker und Musikerinnen aus München, Wien und Salzburg geholt – und auch aus der Region. Seit sechs Wochen wird geprobt; der Chor ist mit Proben schon seit Februar im Einsatz.

Wagners Musik: komisch, pathetisch, unberechenebar

Szene aus "Das Liebesverbot" von Wagner in Maxlrain | Bildquelle: Chariklia Apostolu "Wie ein auskomponierter Karneval" - Szene aus "Das Liebesverbot" in Maxlrain | Bildquelle: Chariklia Apostolu Richard Wagner sorgt dafür, dass sein "Liebesverbot" keine reine Burleske bleibt. Die Musik ist komisch und pathetisch – und völlig unberechenbar, meint der Regisseur: "Man kann sich nie darauf verlassen, was als nächstes kommt – sowohl musikalisch als auch szenisch. Die Oper biegt immer wieder hoch spannend ab, das Pathos wird plötzlich gebrochen, es ist unglaublich dynamische Musik, versetzt mit tiefen, abgründigen Momenten, die an den späten Wagner gemahnen. Es ist eigentlich ein großer auskomponierter Karneval."

Keine Angst vor Wagner

Aber dennoch steht "Wagner" drauf. Und Chariklia Apostolu bestätigt, dass es schon mutig sei, so ein Stück auf das Programm eines kleinen Sommerfestivals zu setzen: "Ich schätze, dass die Leute 'Wagner' lesen und Angst bekommen, weil sie meinen, die Oper dauert fünf Stunden. Aber das "Liebesverbot" dauert tatsächlich nur zwei Stunden und 15 Minuten, ist heiter und komisch. Wir hoffen auf zahlreichen Besuch!"

Sendung: Allegro am 4. Juli 2024 ab 06:05 Uhr (BR-KLASSIK)

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