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Martin Grubinger beendet Karriere Ausgetrommelt

Vierzig ist Martin Grubinger gerade geworden. Und jetzt soll Schluss sein. Der Schlagzeuger beendet seine Konzertkarriere. Gibt schließlich viel anderes zu tun. Grubinger hat eine App an den Start gebracht. Und Geschichte studieren will er auch.

Martin Grubinger | Bildquelle: picture alliance / dpa | Olaf Malzahn

Bildquelle: picture alliance / dpa | Olaf Malzahn

Alles schwarz. Wer dieser Tage die Website von Martin Grubinger besucht und sich in den Kalender klickt, der sieht … nichts. Keine Termine. Nur schwarzer Hintergrund.

Ein Ende nach 30 Jahren auf der Bühne

Ein bisschen irreführend ist das schon. Am Montag steht nämlich noch ein letztes Konzert in Graz an. Aber dann soll tatsächlich Schluss sein. Martin Grubinger, der weltbekannte Perkussionist, hört auf. Ende der Konzertkarriere. Mit gerade mal 40 Jahren.

Als ihn der Kollege von Bayern 2 nach dem Warum fragt, muss er erstmal lachen. Es ist später Samstagvormittag und Grubinger, live am Telefon, ist hörbar gut gelaunt. Da spricht keiner, der mit der Entscheidung hadert, die er getroffen hat. Er habe die Sache ja nun schon recht lange gemacht, meint er. Seit 30 Jahren stehe er jetzt auf der Bühne. Da werde es einfach mal "Zeit für etwas Neues". Außerdem sei er ja weiterhin Professor am Salzburger Mozarteum. Weniger Konzerte bedeutet also: mehr Zeit für die Studierenden. Und okay, ja, "ein bisschen müde" sei er auch, gibt Grubinger zu.

Der Michael Jordan des Schlagzeugs

Schlagzeugspielen ist Konditionssache. Grubinger hält sich mit viel Sport fit. Schwimmen, Rad, Ski, zuhause bei Salzburg hat außerdem er ein eigenes Fitnessstudio und einen Fußballplatz. Wenn er trommle, habe er durchschnittlich einen Puls von 160, erzählt er. In der Spitze geht es sogar bis 200 hoch. Nach einem Auftritt sind locker 2000 Kalorien weg. Da liegt der Vergleich mit Profisportlern nicht fern. Und er habe garantiert keine Lust irgendwann mal als "Elder Percussionist" auf der Bühne "rumzutrödeln", hat Grubinger in einem anderen Interview nüchtern konstatiert.

Um die Fallhöhe zu verstehen, die in diesem Karriereende liegt, muss man wissen: Grubinger ist nicht nur der erste Perkussionist, der es zum Weltstar gebracht hat. Er hat das Instrument als klassisches Soloinstrument eigentlich überhaupt erst etabliert. Was Michael Jordan für den Basketball war, das ist Grubinger für das Schlagwerk: ein ungeheurer Popularisierer. Und nicht nur nach außen, sondern auch in die Musikszene hinein.

Soloschlagzeug war völlig neu
Martin Grubinger über den Beginn seiner Karriere

Als er begonnen habe, "gab’s den Beruf ja noch gar nicht", erinnert er sich. Und es habe ziemlich lange gedauert, bis er sich sein Publikum aufgebaut habe. Tatsächlich war er darin ziemlich erfolgreich. Die FAZ hat ihn mal als "Retter des E-Musik-Abendlandes" bezeichnet, weil in seine Konzerte so viele junge Leute kommen. Vielleicht liegt es auch an einem vermeintlichen Nachteil: Wo keine Tradition, da viel Freiheit.

Martin Grubinger | Bildquelle: Simon Pauly Umgibt sich künftig mit anderen Dingen: Martin Grubinger an den Pauken | Bildquelle: Simon Pauly "Die Geiger, die Pianisten, die Cellisten, die haben als Solisten alle eine große Tradition hinter sich, mit einem Repertoire, das bis zu 3000 Jahre alt. Soloschlagzeug war völlig neu." Das hat er geändert. Dutzende Solokonzerte hat Grubinger uraufgeführt. Hat mit den größten Orchestern der Welt zusammengespielt. Hat Schlagzeugmarathons veranstaltet. Auch mal eine ganze Schlagzeugnacht. Grubinger der Unermüdliche. Unermüdlich spielfreudig.

Künftig fließt diese Spielfreude in andere Projekte. Grubinger hat eine App entwickelt. "MyGroove" heißt sie, bietet sowas wie Karaoke für verschiedene Bandinstrumente, alle eingespielt von bekannten Musikerinnen und Musikern. Wer gerade Gitarre lernt, kann sich dort etwa von Grubinger an den Drums begleiten lassen. Oder er oder sie begleitet Max Mutzke beim Gesang. Er wolle damit wieder die Lust wecken, gemeinsam Musik zu machen, sagt Grubinger. "Ich bin ja großer Fußballfan und hab mich immer gefragt, wie das wäre mit Messi, Ronaldo oder Thomas Müller auf dem Fußballplatz zu stehen. Und bei 'MyGroove' ist das genau so – unsere User spielen mit den Besten zusammen in einer Band."

Es ist mein innigster Wunsch, Geschichte zu studieren
Martin Grubinger

Neben diesem Digitalprojekt hat Grubinger aber auch noch ganz analoge Ziele: Geschichte studieren etwa. Das sei schon immer sein Traum gewesen, sein "großes Hobby" seit der Schule. Schwerpunkt? "Französische Revolution bis heute!" In jeder freien Minute lese er Bücher dazu oder schaue sich Dokumentationen an, sagt er. "Mir ist natürlich klar, dass die Welt jetzt nicht auf den Historiker Martin Grubinger gewartet hat, aber es ist mein innigster Wunsch, Geschichte zu studieren."

Transparenzhinweis

Martin Grubinger war von 2010 bis 2023 neben Sol Gabetta Moderator der Sendung "KlickKlack" im BR Fernsehen.

Kommentare (2)

Kommentieren ist nicht mehr möglich.

Montag, 25.September, 19:44 Uhr

Christa Siebert-Freund

Martin Grubinger

Schlagzeuger sein auf dem Niveau von Herrn Grubinger ist Hochleistungssport. Und das über 30 Jahre, RESPEKT!!
Wie ungemein sympathisch, dass er jetzt Geschichte studieren möchte, was auch immer daraus werden wird.
Herrn Grubinger alles Gute für seine Zukunft!

Montag, 25.September, 12:32 Uhr

Roland Gallner

Verdienter Ruhrstand von Martin Grubinger

Er ist der erfolgreichste Pionier der klassischen Schlagwerkmusik. Martin hat wichtige Maßstäbe in unserer Epoche der Percusion gesetzt und gleichzeitig unseren Zeitgeist nie aus den Augen verloren. Er wird sehr fehlen aber, ihm gehört größter Respekt für seine Entscheidung, seine öffentliche Karriere als Solo Percussionist zu beenden und sich auf den Nachwuchs zu konzentieren.
Ich hab mit meinen Schülern einige Workshops und Konzert besucht. Er ist mein Leuchtturm in der klassischen und modernen Orchester Percussion, auf allem Mallets und Trommeln.

Gleichzeitig war seinen Präsenz mit Klickklack unglaubliche Bereicherung. Leider wurde der Sendeplatz immer später und verlor bei den jungen Zuschauern das Interesse. Das fand und finde ich sehr schade, dass solche Formate nicht mehr ins Zentrum des öffentlichen Fersehns rücken.

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