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Peter Dijkstra und BR-Chor im Livestream "Es ist etwas ganz Vertrautes"

"Liberté" - unter diesem Motto gibt Peter Dijkstra seinen zweiten Einstand als künstlerischer Leiter beim Chor des Bayerischen Rundfunks. Bis vor sechs Jahren hatte er den Chor schon einmal geleitet. Er habe sich seitdem weiterentwickelt, so Dijkstra im Interview.

Peter Dijkstra, seit Spielzeit 2022/23 zum zweiten Mal Künstlerischer Leiter beim Chor des BR | Bildquelle: BR / Markus Konvalin

Bildquelle: BR / Markus Konvalin

BR-KLASSIK: Peter Dijkstra, 2016 sind Sie aus München weg, jetzt sind Sie wieder da. Wie haben Sie denn die sechs Jahre ohne den BR-Chor ausgehalten?

Peter Dijkstra: Ich hatte zum Glück oft die Gelegenheit, wieder zurückzukehren zum Chor. Also von dem her habe ich die Verbindung warmgehalten und habe mich auch wärmen können, hier im Süden Deutschlands, in Bayern. Aber ich war jetzt tatsächlich einige Jahre in den Niederlanden, da haben wir auch mit der Familie gewohnt. Und ich bin 2015 als Chefdirigent beim Niederländischen Kammerchor angetreten. Und ich war berufen zu einer Professur in Köln, an der Musikhochschule.

Live-Übertragung

BR-KLASSIK überträgt das Einstandskonzert von Peter Dijkstra beim BR-Chor live.
Am Samstag, 1. OKtober, 20.05 Uhr im Radio und im Live-Stream auf br-klassik.de

BR-KLASSIK: Was ist das für ein Gefühl für Sie, jetzt zu alten Bekannten, doch wieder als künstlerischer Leiter zurückzukehren?

Peter Dijkstra: Es ist selbstverständlich was ganz Vertrautes. Man kennt das Umfeld, man kennt den Bayerischen Rundfunk, man kennt viele aus dem Chor, also von dem her ist es ganz vertraut.

Ich habe mich in der Zwischenzeit als Künstler weiterentwickelt.
Peter Dijkstra

Allerdings denke ich schon auch, dass ich mich in der Zwischenzeit als Künstler und als Dirigent weiterentwickelt habe und somit auch dem Chor mein neues Ich sozusagen wieder neu präsentieren kann. In der Probenphase, die wir jetzt zum ersten Abokonzert hin haben, finde ich es eine unglaubliche, ja beglückende Situation. Es macht mir unglaublich viel Freude, und ich habe auch das Gefühl, dass tatsächlich dasjenige, was ich dem Chor jetzt anbiete auch sehr gut ankommt und dass es dem Chor auch sehr guttut.

Zweiter Einstand mit Francis Poulancs Freiheitshymne 

BR-KLASSIK: Für Ihren zweiten Einstand sozusagen haben Sie mit Chormusik von Francis Poulanc eine große Hymne an die Freiheit auf das Programm gesetzt "figure humaine", auf Deutsch "menschliches Antlitz". Was ist das für ein Stück?

Peter Dijkstra: Für mich eines der vielleicht zehn großen a-cappella-Chor Werken aus dem a-cappella-Chor-Kanon. Das Werk ist ein Freiheitsstück. Ein Werk, wo ich vor zweieinhalb Jahren, als ich es geplant habe, gedacht habe: Das war wäre wirklich ein Stück, was ich unglaublich gerne machen würde. Weil es so ein unglaublich wichtiges und großes Stück ist für Doppelchor:  Beide Chöre sechsstimmig, also ein zwölf stimmiges Chorwerk, sehr, sehr groß.

Die Aktualität dieses Werkes ist brennend.
Peter Dijkstra

Francis Poulanc ist auch einer meiner großen Lieben. Er hat das Werk Mitte 1943 im besetzten Frankreichs komponiert. Diese Thematik Freiheit hat uns jetzt natürlich mittlerweile eingeholt. Und somit - wo es überhaupt nicht so geplant war - ist die Aktualität dieses Werks brennend.

BR-Klassik: Was ist das Besondere an Igor Strawinskys Psalmensymphonie in dieser Fassung, die Dmitri Schostakowitsch erstellt hat, die ebenfalls zu hören sein wird?

Das Weihnachtsoratorium von Johann Sebastian Bach, im Herkulessaal München, 2010. Es musizieren: die Akademie für Alte Musik Berlin und der Chor des Bayerischen Rundfunks unter der Leitung von Peter Dijkstra (Mitte). Solisten sind, von links: Rachel Harnisch (Sopran), Anke Vondung (Alt), Maximilian Schmitt (Tenor) und Christian Immler (Bass). | Bildquelle: BR/Klaus Fleckenstein Der BR-Chor unter der Leitung von Peter Dijkstra im Herkulessaal in München. | Bildquelle: BR/Klaus Fleckenstein Peter Dijkstra: Der Grund, warum das damals von Schostakowitsch gemacht wurde, war, dass er dieses besondere Werk, das er kannte und wovon er auch eine Partitur hatte, seinen Schülern am Sankt Petersburger Konservatorium präsentieren wollte. Aber es gab natürlich in der Sowjetunion damals keine Partituren von diesem neuen Werk. (…) Er hat dann diese Fassung geschrieben, damit er das seinen Studenten präsentieren konnte, damit sie das auch spielen konnten. Das gibt uns eine unglaubliche Möglichkeit, um diese Fassung mit dem Chorstimmen Strawinskys zu kombinieren und in einer Art kammermusikalischer Neufassung dem Publikum zu präsentieren.

BR-Klassik: Und dabei sind die Jussen-Brüder aus den Niederlanden!

Peter Dijkstra: Ganz genau. Arthur und Lukas Jussen sind dabei unsere Gäste. Das ist für mich als Niederländer natürlich auch etwas ganz Erfreuliches.

BR-Klassik:  Noch ganz kurz: Musik auch eines ukrainischen Komponisten haben Sie drin.

Peter Dijkstra: Richtig: Maxim Shalygin, ein ukrainischer Komponist, der schon seit vielen Jahren in den Niederlanden wohnt. Ich kenne ihn sehr gut, habe auch öfters von ihm Werke uraufgeführt. Dieses Werk wurde letztes Jahr von mir beauftragt und beim Niederländischen Rundfunk zur Premiere gebracht. Es handelt von einer Dame aus Weißrussland. Maria Kalesnikowa heißt sie, die Dissidentin war in der letzten Wahlen in Weißrussland. Lukaschenko, der Machthaber dort hat diese Wahlen sehr unterdrückt, und sie war eine der drei Damen, die da in den Medien auch sehr laut war und auch versucht hat, da etwas zu bewirken, dass auch die Demokratie da Fuß fassen kann und dass die Widerstandsbewegung da auch hörbar war. Sie ist dann tatsächlich arrestiert worden. Sie ist festgenommen worden und ihr Pass wurde ihr abgenommen, und sie ist abgeschoben. Also, das ist wirklich ganz, ganz hart ist es gegen ihr da aufgetreten. Das Gedicht ist vom Komponisten selber und ist quasi zu lesen, als ein Brief an sie.

Sendung: "Allegro" am 30. September 2022 ab 6:05 Uhr auf BR-KLASSIK

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