Schauspieler, Pilot, Musikbibliothekar wollte er werden. Er wurde: Opernintendant. Dreizehn Jahre lang leitete er die Bayerische Staatsoper - eine Epoche, die vor allem Barock-Fans in guter Erinnerung haben. Der innovative Theatermanager rief aber zum Beispiel auch "Oper für alle" ins Leben. Sir Peter Jonas wird heute 70 Jahre alt.
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Erst vor Kurzem ist Jonas bei einem Spaziergang auf den Hausberg seiner Wahlheimatstadt Zürich gestürzt - und ihm drohte, seinen Geburtstag in der oberbayerischen Klinik verbringen zu müssen, in der er derzeit zur Behandlung seiner Kopfverletzung weilt. Aber - so die beruhigende Auskunft des Hobby-Wanderers: Zum Geburtstag bekäme er frei und könne mit Freunden im Restaurant feiern.
1976 wurde Peter Jonas, der Anglistik und Musikwissenschaft studiert hatte, Intendant beim Chicago Symphony Orchestra. Geholt hatte ihn Georg Solti - als Assistent. Es war eine erfolgreiche Zeit. Peter Jonas brachte die Dirigenten-Elite nach Chicago und produzierte mit seinem Orchester über 200 Schallplatten. Noch glücklicher machte ihn 1984 der Ruf zurück nach Europa, zur English National Opera in London. Ein knappes Jahrzehnt leitete Jonas die English National Opera und machte das englischsprachige Haus zur innovationsfreudigsten Bühne in London. Mut zu zeitgenössischem Repertoire prägte seine Intendanz, auch sein Faible für moderne Opernregie. David Pountney war in der Ära Jonas einer der Chef-Regisseure an der ENO.
1993 wechselte Peter Jonas, der weltoffene Sohn eines Deutschen und einer Mutter mit spanisch-libanesisch-schottischen Wurzeln, von der Themse an die Isar zur Bayerischen Staatsoper. Kein unbekanntes Terrain: In den 70er Jahren war er mit der Sopranistin Lucia Popp liiert, hörte sie im Nationaltheater singen und Legenden wie Carlos Kleiber dirigieren. Das Gebäude hatte es ihm angetan, aber auch die kulturpolitischen Bedingungen in Deutschland. Für ihn verkörperten das Ballett, die Oper, die Orchester, das Theater und die Museen das Beste des Menschen, so beschreibt Peter Jonas sein Kulturverständnis, und fordert, die Institutionen sollten in öffentlicher Hand bleiben.
Künstlerische Institutionen sind unser Leben, unser Erbe.
85 Neuproduktionen gab es in den 13 Jahren, in denen Peter Jonas als engagierter, kämpferischer und mitunter streitbarer Intendant der Bayerischen Staatsoper agierte. Legendär seine spektakuläre Barockopern-Serie, die er mit Monteverdi begann und die spätestens mit dem Riesen-Dinosaurier in Händels "Giulio Cesare" Kultstatus erreichte. En passant lernte das Wagner, Mozart und Strauss verbundene Bayerische Staatsorchester dabei mit Originalklang-Experten wie Ivor Bolton die Grundzüge der Historischen Aufführungspraxis kennen.
Sir Peter Jonas wird 2008 der Maximiliansorden, die höchste Auszeichnung für außergewöhnliche Leistungen in Wissenschaft und Kunst, verliehen. | Bildquelle: picture-alliance/dpa Nicht der einzige Coup: "Oper für alle", das kostenlose Open-Air auf dem Max-Joseph-Platz für tausende Fans, war ein zweiter. Zudem rief Jonas die ambitionierte Reihe "Festspiel+" ins Leben und ließ Hans Werner Henze, Hans-Jürgen von Bose, Aribert Reimann und andere für das Nationaltheater komponieren. Die Bilanz: 14 Uraufführungen in 13 Jahren. 2006 endete Peter Jonas' erfolgreiche Ära in München. 97% Publikumsauslastung ist eine fast zu schnöde Zahl für diese emotionale und aufregende Zeit.