Eine Fünfzehnährige mit einer Isolden-Stimme soll Richard Strauss sich für die Interpretin seiner Salome gewünscht haben. Unerfüllbar? Salome gilt als die berühmteste Opernfigur, die nicht nur singen und spielen, sondern auch tanzen muss – sofern sie oder der Regisseur für den "Tanz der sieben Schleier" kein Double will. Ungewöhnlich außerdem: Am Ende des einst skandalumwitterten Einakters darf sich die Interpretin nicht davon irritieren lassen, dass sie nur noch den vom Rumpf abgetrennten Kopf ihres Liebesobjekts Jochanaan küssen darf – laut Libretto jedenfalls.
Bildquelle: © Salzburger Festspiele / Ruth Walz
Ein kleiner Überblick über herausragende Live-Mitschnitte und Studio-Einspielungen der letzten 70 Jahre (seit dem Tod des Komponisten).
Als Inbegriff der Salome umjubelten die Opernfans in der Nachkriegszeit die bulgarische Sopranistin Ljuba Welitsch. Sinnliches Timbre, elektrisierende Höhe! Zu welcher vokalen Attacke war sie nur fähig, zu welchem Draufgängertum! Von Strauss persönlich hat die schöne Frau noch Ratschläge erhalten. Freunde historischer Mono-Tondokumente kommen an einem legendären Live-Mitschnitt aus der New Yorker Metropolitan Opera nicht vorbei. (LP bzw. CD von 1949 erschienen bei Melodram bzw. Line)
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Strauss: "Salome" - Reiner, Welitsch, Hotter, Svanholm, Höngen, Sullivan - New York, 1952
Eine der expansionsfähigsten hochdramatischen Stimmen überhaupt, im Besitz der Schwedin Birgit Nilsson, hat als Salome vor allem durch ihre triumphal abgefeuerten Spitzentöne beeindruckt. Die kühlen Farben ihres voluminösen Soprans suggerierten das für die Prinzessin wichtigste Überlebensmittel – Gefühlskälte. Atemberaubend im Rahmen der für ihr Alter formidabel klingenden Referenzaufnahme mit den Wiener Philharmonikern und Georg Solti am Dirigentenpult (CD von 1961 erschienen bei Decca).
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Strauss: Salome (Solti)
Die bedeutendste Brünnhilde der 1980er Jahre, Hildegard Behrens, gab bei den Salzburger Festspielen ihr denkwürdiges Salome-Debüt unter der Leitung Herbert von Karajans. Ihr geradezu intellektuell anmutender, detailbesessener Gesang schreckte vor teilweise gezielt veristisch anmutendem Ausdruck nicht zurück. Und ihre Höhe konnte sie fabelhaft ekstatisch leuchten lassen (CD von 1977 erschienen bei EMI classics / Vertrieb: Warner).
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Richard Strauss “Salome” (Hildegard Behrens & Herbert von Karajan • Wiener Philharmoniker, 1977-78)
Die ebenfalls aus dem Norddeutschen stammende Angela Denoke, die von der Stuttgarter Staatsoper aus international Karriere machte, hat wohl als erste Sängerin in Salome eine dezidiert moderne, emanzipationswillige Frau gesehen. Ihr eindringliches Rollenporträt, getragen von reizvollem Timbre, war 2006 im Münchner Nationaltheater zu bewundern, 2011 auch im Festspielhaus Baden-Baden (Regie: Nikolaus Lehnhoff / Dirigent: Stefan Soltesz).
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STRAUSS: Salome (Baden-Baden, 2011) (Blu-ray, Full-HD) [Arthaus 108037]
Seit ihrer sensationellen Leistung 2018 in der Salzburger Felsenreitschule ist die litauische Sopranistin Asmik Grigorian weltweit heiß begehrt. Ihre von Leichtigkeit geprägte, fulminant flexible Stimme und ihre intensive, alle Untiefen der Figur auslotende Darstellung lassen Salome als reifen Teenager erscheinen, der auch erst zu Beginn des 21. Jahrhunderts zur Welt gekommen sein könnte. (DVD der Unitel Edition ab 19. Juli 2019 lieferbar; Regie: Romeo Castellucci / Dirigent: Franz Welser-Möst).
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Strauss: Salome from Salzburg Festival
Sendung: "Festpielzeit" am 27. Juni 2019 ab 18:30 Uhr – Liveübertragung der "Salome"-Premiere von den Münchner Opernfestspielen
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