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Kritik - Puccinis "Tosca" an der Mailänder Scala Netrebkos lyrisch-zartes Drama

Die Figur der Operndiva Floria Tosca ist eine der faszinierendsten unter Puccinis Frauengestalten. Eine Rolle wie geschaffen für die russische Diva Anna Netrebko. Ihr zur Seite stehen Luca Salsi und Francesco Meli als Scarpia und Cavaradossi. Am Samstag war Premiere an der Mailänder Scala.

Anna Netrebko | Bildquelle: Marco Brescia / Rudy Amisano

Bildquelle: Marco Brescia / Rudy Amisano

Nach vielen hektischen, grausamen Szenen herrschen plötzlich vollkommene Stille und Konzentration im Zuschauerraum - als "Vissi d'arte, vissi d'amore" erklingt. "Ich habe für die Kunst gelebt, für die Liebe." Zunächst ganz leise, doch tief berührend reflektiert die Sängerin Tosca ihr Leben. Der Polizeichef Scarpia hatte versucht, sie zu vergewaltigen. Die Arie "Vissi d'Arte" wird bei Anna Netrebko zum eigenen Drama innerhalb des Dramas "Tosca": lyrisch zart, dann wieder mit großen Ausbrüchen und später, vor allem nach dem Mord an Scarpia, mühelos in die Tiefe wechselnd.

Netrebko glänzt als Tosca

Anna Netrebkos Rollendebüt von Tosca fand erst vor einem Jahr an der New Yorker MET statt. Es scheint ihre Rolle zu werden. Während in New York ihr Mann Yusiv Eyvazov als Cavardossi an ihrer Seite stand, ist es nun Francesco Meli, vermutlich zur Zeit unübertreffbar in dieser Rolle: lyrisch weich, und dann wieder beeindruckend expressiv ausbrechend. Und auch Luca Salsi überzeugte sehr als aalglatter, machtbewusster Scarpia. Das Orchester der Mailänder Scala unter Riccardo Chailly klang weich, oft elegisch. Und doch kostete Chailly effektvoll die vielen Klangfarben aus, wobei er sich die Mühe machte, die eben erst erschlossene Partitur der Uraufführung heranzuziehen, die sogleich mit der Flucht des politisch Gefangenen Angelotti beginnt.

Bühnenbild wie eine ständige Kamerafahrt

Premiere "Tosca" an der Mailänder Scala | Bildquelle: Claudio Furlan Applaus nach der Premiere von "Tosca" an der Mailänder Scala | Bildquelle: Claudio Furlan

Regisseur Davide Livermore hat hier weder aktualisiert, noch "Tosca" neu interpretiert. Aber die große Bühne ist ständig in Bewegung. Gewaltige Kirchenmauern schieben sich ineinander, Treppen schrauben sich hoch, die Hebebühne bringt auch das Verließ Cavaradossi, das sich unter Scarpias Büro befindet, zur Geltung. Eine Bewegung wie ständige Kamerafahrt, die das Geschehen dynamisiert. Dabei sind die Bühnenräume Gio Formas Renaissancebildern nicht unähnlich und die großen, gerahmten religiösen Bilder in ihnen werden plötzlich selbst lebendig: Die gemalten Heiligen drehen ihre Köpfe dann fast unmerklich dem Geschehen zu.

Tosca in den Farben der italienischen Flagge

Zum Schluss des 2. und 3. Aktes erscheint eine Doppelgängerin Toscas - nach ihrem Mord von Scarpia also und ihrem Tod - gekleidet in grün, weiß und rot, den Farben der italienischen Flagge. Eine allegorische Figur. Der Sturz von der Engelsbrücke - eine Apotheose Italiens.

"Tosca" an der Mailänder Scala und auf BR-KLASSIK

Premiere: 7. Dezember 2019
Regie: Davide Livermoore
Musikalische Leitung: Ricchardo Chailly

Weitere Informationen zu Terminen und Vorverkauf finden Sie auf der
Homepage der Scala.

BR-KLASSIK sendet den Mitschnitt der "Tosca" am 8. Dezember 2019, ab 19:05 Uhr

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