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Kritik – Yo-Yo Ma und Kathryn Stott live Das dynamische Duo

Kathryn Stott und Yo-Yo Ma blicken im Münchner Herkulessaal zurück auf vier Jahrzehnte des gemeinsamen Muszierens. Mit einem ebenso kontrastreichen wie persönlich gefärbten Programm, das von den Fans lautstark gefeiert wird.

Cellist Yo-Yo Ma und Pianistin Kathryn Stott | Bildquelle: Sony / Ausschnitt aus dem Albumcover "Songs of Comfort & Hope"

Bildquelle: Sony / Ausschnitt aus dem Albumcover "Songs of Comfort & Hope"

Mit dem Abschiednehmen ist es oft eine zweischneidige Angelegenheit. Die legendäre Wagner-Sängerin Birgit Nilsson, meinte einmal, es wäre so, als würde man auf seiner eigenen Beerdigung singen. Weshalb die Schweden einst entschied, ihre große Abschieds-Gala kurzerhand abzusagen und zur Überraschung vieler Fans bereits eine Woche vor dem angekündigten Lebewohl ohne Tränen und in aller Stille abzutreten.

Was dies betrifft, macht Kathryn Stott bei ihrem Auftritt im Herkulessaal nun einen durchaus gefassten Eindruck. Auch die britische Pianistin hat vor kurzem ihren Abschied von den Konzertpodien angekündigt. Was ihren Bühnenpartner Yo-Yo Ma veranlasste, in seinen ebenso emotionalen wie authentischen Worten ans Publikum noch einmal die gemeinsame Zeit Revue passieren zu lassen und der Kollegin seinen tief empfundenen Dank auszusprechen. Fast vier Jahrzehnte lang haben der Star-Cellist und Stott gemeinsam in den großen Konzertsälen der Welt musiziert und dabei so manches erlebt. Dies alles noch einmal in einen letzten Abend hineinzupacken, scheint da fast ein Ding der Unmöglichkeit. Und dennoch gelang den beiden mit der Programmauswahl ein nahezu perfekter Spagat.

Klingende Zeitkapsel

Cellist Yo-Yo Ma | Bildquelle: Jason Bell Cellist Yo-Yo Ma | Bildquelle: Jason Bell Der erste Block des Konzerts präsentierte so etwas wie eine Zeitkapsel mit persönlichen Erinnerungen. Klingende Miniaturen von Fauré bis Dvořák, unter die sich aber ebenso Musik des brasilianischen Komponisten Sérgio Assad mischte, den das dynamische Duo auf Reisen durch Südamerika kennen und schätzen gelernt hatte. Nicht zu vergessen der hier als eindringliches Gebet ausgestaltete "Cantique" von Stotts einstiger Lehrerin Nadia Boulanger. Die besondere Liebe zum französischen Repertoire war an diesem Abend immer wieder deutlich zu spüren. Sei es in Faurés "Papillon" oder in der großen Sonate in A-Dur von César Franck (in der Bearbeitung für Violoncello), mit der sich Kathryn Stott und Yo-Yo Ma zum Ende des Konzerts noch einmal in vollendeter Harmonie präsentierten. Zwei Ausnahme-Talente, die selbst ohne direkten Augenkontakt stets auf einem Atem musizierten und ihre Instrumente zu einer Stimme verschmelzen ließen. Wobei der sanfte Anschlag der Pianistin seine Entsprechung im differenzierten Spiel des Cellisten fand, der sich hier vor allem als Meister der leisen Töne zeigte.

Kontrastdramaturgie

Dass beide auch anders können, hatten sie zuvor unter anderem in der Cellosonate von Dmitri Schostakowitsch bewiesen, die Stott und Ma von ihrer energischeren Seite zeigte und den doppelbödigen Charakter der Komposition klar herausarbeitete. Ein scharfer, aber umso wirksamerer Kontrast zum Eröffnungsstück des zweiten Teils. Hier hatten die beiden mit Arvo Pärts "Spiegel im Spiegel" einen Moment des Innehaltens gesetzt. Eine sanft dahinfließende Meditation, die in den Worten von Kathryn Stott nach einer politisch aufreibenden Woche nun Gelegenheit geben sollte, wieder ein wenig innere Ruhe zu finden. Schwelgend in melancholischen Dreiklängen und bei aller Schlichtheit doch von einer unglaublichen Intensität, durch die im Herkulessaal tatsächlich die Zeit stillzustehen schien.

Abschied ohne Tränen

Kathryn Stott | Bildquelle: © Nigel Parry Pianistin Kathryn Stott | Bildquelle: © Nigel Parry Dass die Fans ihr Traum-Duo am Ende nicht einfach so gehen lassen wollten, war keine große Überraschung. Ebenso wenig wie die minutenlangen stehenden Ovationen, bei denen Yo-Yo Ma die Aufmerksamkeit immer wieder auf seine Freundin Kathryn zu lenken versuchte. Eine Geste, die Stott gerührt zur Kenntnis nahm, sich aber dennoch nicht allein feiern lassen wollte. Von Wehmut war da nichts zu spüren. Wohl aber eine große Dankbarkeit für die langjährige künstlerische Partnerschaft und die überschwänglichen Reaktionen im Saal, die schließlich mit zwei Zugaben belohnt wurden, mit denen das Duo ein letztes Mal seine musikalische Bandbreite unter Beweis stellte.

Sendung: "Allegro" am 7. November 2024 ab 6:05 Uhr auf BR-KLASSIK

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