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Zugabe: Gedanken zum "Rosenkavalier" Fest oder Farce – für jeden ist etwas dabei

In Zeiten der Gender-Korrektheit geht es um eine bedrohte Spezies: den Kavalier bzw. den Rosenkavalier. Die Online-Suchmaschine zeigt zwar viele Treffer, doch die haben meistens mit der Oper von Richard Strauss und Hugo von Hofmannsthal zu tun. Dass diese Oper den Titel "Der Rosenkavalier" bekam, verdankt die Musikwelt allerdings der Ehefrau des Komponisten. Sie bestand darauf – und das sagt doch so einiges! Franziska Stürz hat sich ihre ganz persönlichen Gedanken über das Werk gemacht.

Bildquelle: picture-alliance/dpa / Montage: BR

Die "Zugabe" zum Anhören

Was ist ein Rosenkavalier eigentlich? "Ein Rosenkavalier ist ein Mann mit ernsthaften Absichten – ein Freier also – der sich wie ein Kavalier verhält: der Angebeteten Rosen schenkt, sie vornehm zum Essen ausführt, etc. Dumme Anmache und triebhaftes Interesse an One-Night-Stands sind seine Sache nicht", so könnte man ihn definieren.

Strauss' Oper von der Operette beeinflusst

"Dunkelrote Rosen bring ich, schöne Frau…" Das singt Gasparone in Millöckers gleichnamiger Operette. Aber Gasparone ist nicht als Rosenkavalier berühmt geworden, sondern ein gewisser Octavian – aus der Oper von Richard Strauss und Hugo von Hofmannsthal. Uraufgeführt wurde der "Rosenkavalier" 1911 in Dresden. Er ist durchaus beeinflusst von der damals hoch populären Musiktheatergattung der Operette. Octavian, der junge Adelige, spielt in dieser Oper eine der vier tragenden Rollen. Seine wohl wichtigste Szene ist die Überreichung einer silbernen Rose als Brautwerber im zweiten Akt. Dabei wirbt er gar nicht für sich selbst, sondern für den geldgierigen, lüsternen Baron Ochs.

Erfundene Brautwerbung

Die Tradition, bei der Brautwerbung eine silberne Rose überreichen zu lassen, hat der Librettist Hugo von Hofmannsthal frei erfunden. Aber er hat sie bis in kleinste Detail ausgeführt: Der Duft persischen Rosenöls auf der silbernen Blume überwältigt die junge 15-jährige Braut Sophie wie ein Gruß vom Himmel. Und da ist auch der 17-jährige Octavian ist hin und weg, obwohl er eigentlich gerade eine sehr befriedigende Affäre mit der Feldmarschallin hat.

Komplettes Durcheinander

Laut Otto Schenk, dem legendären Regisseur des "Rosenkavaliers" von 1968 an der Wiener und 1972 an der Bayerischen Staatsoper, geht es in der dreieinhalbstündigen Oper auch einzig und allein ums Verliebtsein – so durcheinander, dass man sich am Schluss fast nicht mehr auskennt und sich im Terzett zwischen Marschallin, Octavian und Sophie alles in einem Rausch der Liebe auflöst.

Die perfekte Verführung

Das Setting dieser Komödie mit Tiefgang ist für jeden Ausstatter mit Liebe zur Opulenz ein einziges Rokoko-Fest. Perücken, Brokat und Stuck einerseits und auf der anderen Seite eine derbe Farce im Weaner Beisl. Ich liebe diesen dritten Akt, das Spiel im Spiel mit fiesem Intrigantenpaar, Polizeieinsatz und der Marschallin als Dea ex Machina! Der "Rosenkavalier" schafft es irgendwie, für jeden Geschmack etwas zu bieten: Liebhabern von Mozart-Opern wie Operettenfans, Wagnerianern wie Kabarettisten. "Ist ein Traum, kann nicht wirklich sein" – eines meiner Lieblingszitate! Ja, der "Rosenkavalier" ist eine überspitze Rokoko-Fantasie ihrer Schöpfer mit Archetypen, die uns bis heute den Spiegel vorhalten. Insofern kann der Kavalier Octavian mit und ohne Puderperücke, in Brokatrobe oder im Brioni-Anzug daherkommen: Wer nur auf einer kleinen Sinnesebene noch bereit ist, sich verführen zu lassen, wird ihm erliegen.

Sendungen:
"Allegro" am 19. März 2021 ab 6:05 Uhr auf BR-KLASSIK
Aus dem Münchner Nationaltheater: "Der Rosenkavalier", am 21. März 2021 ab 15:05 Uhr auf BR-KLASSIK

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