Keime aus dem Tierstall - Wie gefährlich sind sie wirklich?
BR Story zeigt auf, was die relevanten politischen Entscheidungen aus Wirtschaft, Umwelt, Gesundheit, Kultur oder Familie für die Bürgerinnen und Bürger bedeuten.
Mitwirkende
Redaktion
Johanna Walter
Putenfleisch vom Discounter, das mit Antibiotika resistenten Keimen verseucht ist. Landwirte, die in Kliniken sofort in Quarantäne kommen, weil sie als Risikopatienten gelten. Bürgerinitiativen, die sich gegen Ställe für Massentierhaltung in ihrer Nachbarschaft wehren: Die Angst vor der Gefahr aus dem Tierstall wächst. Doch ist sie berechtigt?
Als Hauptursache für die Verbreitung multiresistenter Keime wird der zu hohe Verbrauch von Antibiotika gesehen. Im letzten Jahr kamen in Deutschland laut Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit 805 Tonnen Antibiotika in der Tiermedizin zum Einsatz. Das entspricht einem Rückgang um gut ein Drittel gegenüber dem Vorjahr!
Trotzdem kann von einer Entwarnung keine Rede sein. Denn in Deutschland sterben – konservativ geschätzt – mindestens 6.000 Menschen pro Jahr an den Folgen von multiresistenten Keimen. Die Ursachen sind komplex, liegen aber laut Kritikern beispielsweise von German Watch nicht nur in der Humanmedizin begründet, sondern auch an den Bedingungen in der Massentierhaltung wie zu enge Ställe für zu viele Tieren, die wenn sie erkranken, nicht isoliert, sondern in Gruppen oder ganz im Stall behandelt werden.
Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit fordert daher: „Verbesserte Haltungsbedingungen, ein gutes Herdenmanagement und optimierte Hygienemaßnahmen sind die wichtigsten Instrumente, um einen restriktiven Einsatz von Antibiotika zu erreichen“.
Wie aber soll das durchgesetzt werden? Im Januar 2014 wurde eine Dokumentationspflicht eingeführt, mit der die Bauern ihre Antibiotika-Anwendungen transparent machen müssen. Doch Kritiker halten diese Datenerfassung nicht für ein geeignetes Instrument, da nur die Häufigkeit der angewandten Antibiotika dokumentiert werden muss, nicht aber, welche Wirkstoffklasse zur Anwendung kommt. DokThema zeigt, dass Landwirte und Tierärzte nun immer öfter zu sogenannten One-Shot-Antibiotika greifen, zu Präparaten, die so stark sind, dass eine einzige Gabe reicht. Und auch die sorgsam gehüteten Reserve-Antibiotika kommen nach wie vor zum Einsatz.
Ein weitere Kritikpunkt am System ist das Recht der Tierärzte, Antibiotika direkt zur verkaufen. Das verleite dazu, dass zu viele Antibiotika verschrieben und verkauft werden. Denn die Ärzte verdienen daran. DokThema ist in Dänemark, wo das Dispensierrecht längst abgeschafft wurde und wo ein Kontrollsystem mit gelben und roten Karten die übermäßige Vergabe von Antibiotika streng sanktioniert.
Sendung teilen
Bei Klick auf die Symbole zum Teilen des Inhalts in Sozialen Netzwerken verlassen Sie das Angebot des BR. Für die weitere Verarbeitung Ihrer Daten ist ab diesem Zeitpunkt der jeweilige Drittanbieter verantwortlich.