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"Wahrscheinlich ist mein einziges Zuhause auf der Bühne" - so ein Zitat von Gidon Kremer auf die Frage, wo er sich mehr beheimatet fühle, in Deutschland oder in Russland. Tatsächlich ist die internationale Musikwelt ohne den gebürtigen Letten undenkbar. Unermüdlich sucht er nach dem noch unentdeckten Kostbaren, gibt Werke in Auftrag, gibt jungen Musikern und Komponisten ein wichtiges Sprungbrett für eine solide internationale Karriere und mischt sich auf seine künstlerische Weise in den internationalen Dialog zwischen Ost und West, in der Hoffnung, mit seiner Musik die Welt ein kleines bißchen besser zu machen.
Dabei macht Gidon Kremer im Gespräch mit Ursula Adamski-Störmer, das er trotz schwerer Grippe nicht absagte, keinen Hehl daraus, dass seine Liebe zu Russland - dem Land, in dem er 15 Jahre lebte, hoffte, bangte und die besten Unterrichtschancen bekam - dass diese Liebe zu Russland derzeit schwer strapaziert wird. Gidon Kremer sieht sich nicht als Politiker. Doch in seinem Innersten schlummert ein tiefer Humanismus, der es ihm unmöglich macht, seine Stimme nicht zu erheben. Am liebsten jedoch tut er dies mit seiner Geige - DAS ist seine Stimme. Und diese Stimme erhebt der Oistrach-Schüler seit über 30 Jahren: nicht nur, aber vorzugsweise für osteuropäische und baltische Künstler unserer Zeit. Nono, Henze, Reimann, Gubaidulina, Michael Nyman, John Adams, Schnittke, viele baltischen Komponisten hat er uraufgeführt, vielen von ihnen hat er so zu internationalem Ruhm verholfen. Dazu gehört insbesondere auch Arvo Pärt und ganz aktuell der Schostakowitsch-Freund Mieczyslaw Weinberg, ein polnischer Jude, der während der Nazizeit nach Russland floh. Bezeichnend, was Gidon Kremer zu dieser Entdeckung im Interview bekennt: Es beschäme ihn, dass er den Wert dieses Komponisten erst jetzt, nach so langer Zeit, wirklich erkannt habe. Meine Musik mit Gidon Kremer - ein Gespräch mit einer der vielleicht größten Persönlichkeiten unserer Zeit.