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Sie sind der Dauerbrenner auf den Bühnen der Welt und laut Verlag das meistaufgeführte Werk der "E-Musik" im letzten Jahrhundert: Carl Orffs "Carmina burana". Michael Jackson und Boxer Henry Maske waren von dem schmissigen Reigen weltlicher Mittelalter-Gesänge ebenso angetan wie unzählige Werbeagenturen, die gern den hymnisch-programmatischen Anfangschor "O Fortuna" für ihre Zwecke nutzten. Und natürlich ließen es sich bedeutende Dirigenten nicht nehmen, ihre Sicht auf Orffs Meisterwerk, das mitten im Dritten Reich am 8. Juni 1937 in Frankfurt am Main uraufgeführt wurde, zu präsentieren. Die stilistische Bandbreite der über hundert Einspielungen könnte kaum größer sein, martialisch und pathetisch, verkitscht und weichgespült zeigen sie sich, mit rustikalem Zugriff oder mit Transparenz und feinem Textsinn für die pikant-erotischen Noten der Frühlings-, Trink- und Liebeslieder. Nicht immer stand dabei die Texttreue an oberster Stelle. So wunderte sich die Fachwelt, wie es dem amerikanischen Pultstar Leopold Stokowski gelingen konnte, Orffs "Carmina" zusammen mit Strawinskys "Feuervogel-Suite" 1958 auf nur eine LP zu pressen - er hatte bei den Strophenliedern einfach Strophen gestrichen. Orff selbst wusste bei einer mehrstündigen Hör-Session mit seinem Schüler Wilfried Hiller schon nach dem allerersten Akkord, welche Aufnahme er akzeptieren konnte und welche nicht: Viele Dirigenten hatten den Anfangs- durch den Schluss-Chor ersetzt und übersehen, dass sich das Glücksrad der Schicksalsgöttin "O Fortuna" auf zweierlei Weise dreht - zu Beginn ohne, am Ende mit dem ohrenbetäubenden Gongschlag des Tamtam. Susanne Schmerda hat für ihren Interpretationsvergleich Aufnahmen von Dirigenten wie Wolfgang Sawallisch, Herbert Kegel, Riccardo Muti, Simon Rattle, Daniel Harding oder Jos van Immerseel herangezogen