Bildquelle: ©BR Franken
Es ist wieder soweit! Zum 6. Mal lädt die "Lange Nacht der Alten Musik" zum Flanieren durch die Musikwelten vergangener Jahrhunderte ein. Mit facettenreichen Stimmen wie Quiteria Munoz (Sopran), Nihan Devecioglu (orientalischer Gesang), Rocio Márquez (Flamenco-Gesang), Rebal Alkhodari (arabischer Gesang) und Anna-Maria Hefele (Obertongesang). Mit jungen Wilden wie Fahmi Alqhai und Altmeistern des Originalklangs wie Werner Ehrhardt. Und außerdem mit Instrumenten, die man nicht alle Tage hört: Ney, Nyckelharpa, Saz, Duduk, Kanun und viele andere.
Kulturelle Meilensteine
Die Reihe dieser Instrumente deutet es an: Das diesjährige Thema der Langen Nacht stemmt sich mit einem starken Ausrufezeichen auch der aktuellen kriegerischen Weltlage in der Ukraine entgegen: "One world! - Musica Antiqua grenzenlos" will ein entschiedenes musikalisches Zeichen setzen und Bewußtsein schaffen. Ein Zeichen für die völkerverbindende Kraft der Kultur und insbesondere der Musik. Zeiten, in denen diktatorische Systeme friedliche Nachbarländer überfallen und mit einem rücksichtslosen, grausamen Krieg überziehen, in denen Millionen Menschen gezwungen werden, ihre Heimat zu verlassen, zu emigrieren, um zu überleben, wollen wir mit dieser Langen Nacht einen klaren humanistisch-musikalischen Appell entgegensetzen. Es gibt nur EINE WELT für alle Völker mit einem immerwährenden kulturellen Austausch. Dieser Austausch hat die Musik in den Jahrhunderten reich gemacht, indem sie immer wieder neue kulturelle Strömungen aufgesogen, sich verändert, mit neuen Einflüssen verbrüdert hat. Doch machen wir uns nichts vor: Nie ging dieser kulturelle Austausch nur friedlich vonstatten. Ganz im Gegenteil!
Insofern ist mit ihm der Begriff der "Migration" auf das Engste verbunden - ein nahezu omnipräsentes, teilweise vergiftetes Wort im gesellschaftlichen Diskurs. Für manche ein Reizwort, das Zukunftsängste erzeugt, für andere Ausdruck eines positiven kulturellen Austauschs der Menschheit in einer globalisierten Welt - One World! Doch so aktuell der Begriff "Migration" uns erscheint, so begleitet er doch die Menschheit seit je, und wie wir aktuell entsetzt zur Kenntnis nehmen, bis heute, fast immer verbunden mit Krieg, Sklaverei und wirtschaftlicher Ausbeutung oder mit der Flucht davor - und hat dennoch kulturelle Meilensteine hervorgebracht, die uns bis heute bewegen. Denn "Migration" geht zugleich mit Neugier einher, führt zu bereichernden Freundschaften und brachte vielfach in der Geschichte frischen Wind in alte, erstarrte Gesellschaften.
Klangwelten aus vier Kontinenten
Auf allen seinen Wanderungen nahm der Mensch seine Musik mit, so dass die arabische Ud zur Laute wurde oder der südamerikanische Tanz Zarambeque Spuren im andalusischen Flamenco hinterließ; während die exotischen Rhythmen der südamerikanischen Musik wiederum mit den Sklaven aus Afrika gekommen waren. So trafen sich in Spanien, das zuvor über Jahrhunderte von arabischen Emiren und Kalifen regiert worden war, um 1600 die Klangwelten aus vier Kontinenten. Die Fäden dieser Klangwelten greifen die Accademia del Piacere, das Pera Ensemble, L'Arte del mondo, Supersonus, das Ensemble um die Gambistin Friederike Heumann und das in Köln beheimatete kurdisch-syrische Ensemble Orpheus XXI NRW bei der Langen Nacht auf und spinnen sie weiter zu einem farben- und hoffnungsfrohen Gewebe: eine ineinander verflochtene Weltkultur der Alten Musik, bei der trotzdem alle Fasern ihre reizvolle Eigenständigkeit bewahren - eben One World! - Musica antiqua grenzenlos.
Übertragung des Konzerts im Video-Livestream auf www.br-klassik.de/concert und live im Hörfunk auf BR-KLASSIK