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Seit fast zwanzig Jahren ist der britische Pultstar Daniel Harding regelmäßig zu Gast beim Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks. Diesmal überrascht er mit einem Programm von seltener Stringenz, indem er bei uns kaum bekannten Sibelius mit eher selten gespieltem Beethoven raffiniert verschränkt. So folgt auf Beethovens dramatisch lodernde "Coriolan"-Ouvertüre über den starrsinnigen Charakter eines römischen Tragödienhelden die abgrunddüstere Vierte Sinfonie von Sibelius: ein grandioses Werk von herber Schönheit und schonungsloser Ausdrucksgewalt, voller Dissonanzen und klanglicher Härten. Aber Sibelius setzt auch spielerisch Glanzlichter oder taucht in fahles Zwielicht ab. Etwas optimistischer in ihrem aufschäumenden Wellenspiel gibt sich die mythologische Tondichtung "Die Okeaniden" von Sibelius, die 1913 im Fahrwasser der Impressionisten für einen amerikanischen Mäzen entstand. Und diesen Hymnus auf das Meer setzt Harding vor eine andere Vierte Sinfonie: Auch Beethovens Opus beginnt mit einer mystischen Adagio-Einleitung. Nicht ganz zu Unrecht hat Schumann über Beethovens klassizistische Vierte das schöne Wort von der "griechisch schlanken Maid zwischen zwei Nordlandriesen" geprägt - gemeint hat er damit die Vierte im Umfeld der "Eroica" und der Fünften Sinfonie Beethovens.