Bildquelle: picture-alliance/dpa
Der 37-jährige Lette Andris Nelsons zählt zu den begehrtesten jungen Dirigenten weltweit - seit 2014 reüssiert er als Chef des Boston Symphony Orchestra, ab der Saison 2017/18 wird er zusätzlich Gewandhauskapellmeister in Leipzig. Schon früh gelang es dem Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks, den Schüler seines Chefdirigenten Mariss Jansons eng an sich zu binden: Bereits seit 2006 ist Nelsons regelmäßig zu Gast beim Symphonieorchester. Derzeit beschäftigt sich Nelsons intensiv mit der Symphonik von Dmitrij Schostakowitsch - mit dem Boston Symphony spielt er gerade einen kompletten Zyklus ein. In München dirigiert er nun die düstere zehnte Symphonie aus Stalins Todesjahr 1953, die man als bitteren Kommentar Schostakowitschs auf dessen verbrecherisches System deuten kann. Grell-fratzenhafte Züge porträtieren den Diktator, dem sich Schostakowitsch mit seinen vertonten Initialen D-Es-C-H geradezu obsessiv widersetzt. Politische Dimensionen offenbart auch das erste Werk des Abends: In seinem Trompetenkonzert "Dramatis personae" reflektiert der australische Komponist Brett Dean das fragile Verhältnis von Held und Welt, von Individuum und Masse. Für den schwedischen Startrompeter Håkan Hardenberger geschrieben und von ihm beim Grafenegg Festival 2013 uraufgeführt, beschreibt das Stück in drei Sätzen den Fall eines Superhelden, seine Selbstfindung und seinen Aufstieg zum unfreiwilligen Revolutionär. Zwischen heftigen Pulsationen, melancholischen Stimmungen und Sound-Collagen à la Ives entfaltet "Dramatis personae" eine Fülle musikalischer Gesten, die einem Virtuosen wie Hardenberger alles bieten.