Aki Takase besticht in einer Vielfalt von spannenden Projekten. Das Klavierduo mit ihrem Mann Alexander von Schlippenbach ist das beständigste. Seit drei Jahrzehnten spielen sie zusammen und feiern ihre runden Geburtstage in diesem Jahr mit dem Programm "150 Jahre Jazz". 70 davon gehen auf die Japanerin, die in Berlin zuhause ist.
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Ihren zukünftigen Mann kannte sie noch nicht, als Aki Takase 1981 beim Jazzfest Berlin mit ihrem ersten Auftritt in Europa für eine kleine Sensation sorgte. Der Kontrast war faszinierend: ihre delikate Erscheinung und dann dieser Furor am Instrument - das sie übrigens am meisten mag, wenn es etwas schwergängig ist, weil sie jeden Ton besser spürt, wenn das Spielen Kraft braucht. Machtvolle Cluster-Akkorde, lustvoll heraus gehämmerte Dissonanzen, halsbrecherische Single Note Jagden. Der freie, ungebändigte Ausdruck ergibt verbunden mit Tauchgängen an die Ursprünge des Jazz und in den Fundus der europäischen Klassik eine unwiderstehliche Mischung. Damit überwältigt Aki Takase das deutsche Publikum bis heute.
Aki Takase & Alex von Schlippenbach 2010 beim Modern Solo Piano Festival Berlin
Bildquelle: Aki Takase Dass ihr expressives Spiel - geadelt von einer umwerfenden Anschlagskultur und konterkariert von ihrer humorvollen, aber nie parodistischen Art Traditionsstücke des Jazz zu interpretieren - oft wie ein Befreiungsschlag wirkte, dafür war vielleicht auch ihre Mama ein wenig verantwortlich. Eine Klavierlehrerin, die ihre Tochter mit drei ans Instrument führte und beim Üben schon mal am Hocker festband, wenn sie zum Einkaufen ging. Die kleine Aki nutzte diese Zeit für erste Improvisationen, doch es dauerte noch eine ganz schöne Weile, bis sie zum Jazz kam. Geboren am 26. Januar 1948 in Osaka, aufgewachsen in Tokio, studierte sie dort an der Toho Gakuen Universität Musik mit dem Hauptfach Klavier. Als sie 21 war, nahm eine Freundin sie in einen Club mit, in dem die angesagten Jazzplatten aus den USA liefen. Und Aki Takase kroch in die Lautsprecher, aus denen John Coltrane, Ornette Coleman, Miles Davis, Charles Mingus und Albert Ayler tönten. Die in Japan unwahrscheinlich populären deutschen Klassiker Bach, Brahms und Beethoven waren nicht vergessen, aber ab da gab es für sie auch andere Götter neben ihnen. Mit 23 spielte sie ihre ersten Jazzauftritte, mit 25 leitete sie das erste eigene Trio. 1978 holt sie der Bassist und Cellist Nobuyoshi Ino in sein Trio und die erste Platte mit ihr erscheint. Ihr Titel: "AKI".
Von Deutschland ausgehend nimmt Aki Takases internationale Karriere nach dem Jazzfest Berlin ungemein an Fahrt auf. In den 1980er und 90er Jahren veröffentlicht sie zunächst vor allem bei der Münchner Plattenfirma Enja. Solo und mit spannenden Konstellationen sorgt die Pianistin für immer neue Aha-Effekte bei Publikum und Presse. Starke Duos und die musikalische Dialogform spielen dabei eine wichtige Rolle.
Musik ist meine Sprache - ich spreche durch die Musik.
Ihre Muttersprache beeinflusst hörbar auch den Duktus ihrer musikalischen Sprache: akzentuierte Silben, die nicht im Legato verbunden werden, sondern eher noch durch minimale Pausen getrennt scheinen, wie ihr eigener Name TA-KA-SE. Bestechende Klarheit prägt ihr Klavierspiel und den Diskurs der Töne, den sie in den letzten 30 Jahren im Dialog u.a. mit den Saxophonisten Gunther Klatt und David Murray geführt hat, mit der portugiesischen Sängerin Maria João, und immer wieder mit KlarinettistInnen: dem Franzosen Louis Sclavis und aus dem Berliner Umfeld mit Rudi Mahall und Silke Eberhard.
Aki Takase & Louis Sclavis JazzdOr Strasbourg
Ihr Impuls-Austausch im Zusammenspiel mit anderen, aber auch ihre Solo-Performances sind Glanzleistungen der Improvisation. In einer Mischung von Ausbruch und Akkuratesse zeugen sie von Temperament und Einfühlungsvermögen. Das hält auch beim Zuhören in Atem. Mit großem gestalterischen Können werden hier aus dem Ad Hoc komplexe Formen und harmonische Zusammenhänge geschaffen, denen - in eine Partitur gebracht - ein Platz im Werkeverzeichnis der klassischen Moderne gebühren würde.
Komposition ist komprimierte Improvisation
Ihre hohe künstlerische Individualität hindert Aki Takase aber keineswegs daran, sich immer wieder auch tief in das Werk von Jazzgrößen zu begeben, die sie bewundert. Von den Ikonen des Freejazz bis zu frühen Stride Piano Meistern reicht die Palette der Musiker, denen sie zusammen mit musikalischen PartnerInnen Programme und Einspielungen gewidmet hat. Wenn sie Ornette Coleman, Eric Dolphy und Thelonious Monk, Fats Waller und W.C. Handy durch den Filter der eigenen musikalischen Persönlichkeiten betrachtet, leuchtet Aki Takase bestechend scharf die Konturen der Originale aus. Eine besondere Form der Aneignung ohne den Verlust des Ursprungs.
Aki Takase New Blues Project beim Getxo Festival 2011
In Berlin hat Aki Takase seit 1988 ihren Lebensmittelpunkt. Einige Jahre war sie Gastprofessorin an der Hochschule für Musik Hanns Eisler, in erster Linie aber freischaffende Künstlerin. Im Jahr ihres 70. Geburtstags ist sie viel unterwegs, vorwiegend zu Konzerten in Deutschland und Japan, häufig gemeinsam mit ihrem Mann Alexander von Schlippenbach. Am 27. Januar gastieren sie im Jazzclub Unterfahrt in München.