Jazz kennt keine Grenzen, das zeigt das Jazzalbum des Monats Februar. Die sehr alte Tanzform der "Passacaglia" hat Adam Bałdych und Leszek Możdżer aus Polen für ein ganzes Album inspiriert.
Bildquelle: ACT
Passacaglia
Lezek Mozdzer/Adam Baldych
Geige und Klavier ist nicht unbedingt eine typische Jazzbesetzung, und die Musik dieses Duos hat eine ziemlich klassische Anmutung, in dunklem Moll mit einer Bass-Figur, die sich immer wiederholt, oft in wiegendem Dreiertakt.
Das sind schon Hauptmerkmale der Passacaglia. So heißt ein ursprünglich aus Spanien stammender Volkstanz, der in Italien und Frankreich in der Barockzeit zu einer eigenständigen Kompositionsform wurde und dann im 19. Jahrhundert ein Comeback in Werken von Mendelssohn oder Brahms erlebte. Die Musikform der Passacaglia bildet den roten Faden bei den Stücken auf dem gleichnamigen Album von Pianist Leszek Możdżer und Geiger Adam Bałdych.
Die beiden polnischen Musiker sind Stars im aktuellen Jazz, beide sind mit eigenen Bands erfolgreich. Auf "Passacaglia" kommmen sie nun als kammerjazziges Duo zusammen – und das in spannender Instrumentierung. Leszek Możdżer spielt insgesamt auf drei unterschiedlichen Klavieren, einem Flügel in aktueller Konzertstimmung (442 Hertz), einem Flügel in tieferer Barockstimmung (432 Hertz) und einem präparierten Standklavier. Immer wieder sind schwebende und schräge Zwischenklänge von diesem Standklavier zu hören. Beim ersten Mal wirken sie verstörend und irritierend, wenn sie dann aber immer wieder zu hören sind, geben sie der Musik eine interessante Würze. Verwendet Możdżer den Flügel in Barockstimmung, spielt sein Kollege Adam Bałdych auch auf einer Barockvioline in tiefer Stimmung. Volltönend und hymnisch klingen die Melodien der beiden bei diesen Stücken.
Das Repertoire auf "Passacaglia" besteht aus Eigenkompositionen, freien Duo-Improvisationen und einigen klassischen Stücken, etwa von Erik Satie oder Josquin Desprez und sogar Klängen von Hildegard von Bingen. Gerade diese Stücke sind besonders interessant, da Bałdych und Możdżer sie sehr offen angehen.
Die beiden Musiker haben einen faszinierenden Sinn für melancholische, dunkel-groovende Stimmungen. Die Stücke sind nie länger als gut fünf Minuten und durchaus abwechslungsreich. Mal sind es zarte Miniaturen, mal tastende Klangabenteuer. Wohltuend selten zeigen die Jazzer musikalische Muskelspiele, zu denen die beiden Virtuosen durchaus in der Lage wären.
Das Album "Passacaglia" von Pianist Leszek Możdżer und Geiger Adam Bałdych schlägt äußerst gelungen eine Brücke zwischen der alten musikalischen Form der Passacaglia und einer kammermusikalischen europäischen Jazzsprache. Ein Album für Klassik- und Jazz-Fans gleichermaßen.
Sendung: "Leporello" am 15. Februar ab 16:05 Uhr auf BR-KLASSIK
Kommentare (0)