Zehn französische Komponistinnen warten darauf Ihre Bekanntschaft zu machen. Von den meisten ist nicht viel mehr bekannt als der Nachname. Die Geigerin Sophie de Bardonnèche hat ihre Musik nun grandios eingespielt.
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Angenommen, wir hätten eine Einladung zum Jahrestreffen des Berufsverbandes französischer Barockkomponistinnen, sagen wir am Hof von Versailles irgendwann im 17./18. Jahrhundert. Das Setting ist barock: Kerzenlicht, die Damen tragen Reifrock und Perücke und – Sie wären überrascht – es sind ihrer viele. Die Debüt-CD der jungen französischen Geigerin Sophie de Bardonnèche ist so eine Einladung, mit Musik von insgesamt zehn französischen Barockkomponistinnen. Auch wenn es den Beruf Barockkomponistin damals eigentlich gar nicht gab, geschweige denn Verbandstreffen. Mademoiselle Duval gibt sich hier die Ehre, die Schwestern Anne und Marguerite Bocquet oder auch Madame Papavoine. Sie alle haben in der Barockzeit gelebt, Musik komponiert, und von den meisten ist nicht viel mehr bekannt als ihr Nachname.
Die einzige französische Barockkomponistin, die sie anfangs kannte, war Elisabeth Jacquet de la Guerre, sagt Sophie de Bardonnèche. Dann hat sie während der Lockdowns angefangen in alten Noten zu stöbern und neue Bekanntschaften gemacht, wie zum Beispiel mit der Musik von Mademoiselle Laurant.
Es ist sehr berührend, auch weil die Musik von Mademoiselle Laurant zum ersten Mal wieder gespielt wird. Niemand kennt sie und dabei ist ihre Musik so genial. Sie hat einen sehr eigenen Stil, sehr melancholisch, ich liebe sie sehr!
Bei ihrem Solo-Debüt unterstützt wird Sophie de Bardonnèche unter anderem von ihren Kollegen von Le Consort: Lucile Boulanger und Justin Taylor. Mit Haut und Haaren stürzen sich die jungen Musikerinnen und Musiker in dieses zum Großteil noch unbekannte Repertoire. Ungestüm und ohne Rücksicht auf Verluste in den rasanteren Nummern. Aber auch berührend und voller Hingabe in den langsamen Sätzen. Der Funke jedenfalls springt über.
Wem bei weiblicher Barockmusik bislang, wenn überhaupt, Elisabeth Jacquet de la Guerre in den Sinn kommt, der wird überrascht sein über die Vielzahl ihrer Kolleginnen. Und wer Madame de la Guerre bislang vielleicht ein bisschen dröge fand, der wird sie hier ganz neu entdecken. Und genau deshalb ist diese CD alles andere als ein Frauenquoten-Sampler. Die frische Einspielung von Sophie de Bardonnèche zeigt, wie wichtig verschiedene Blickwinkel und Interpretationen sind. Und deshalb brauchen wir für die Musik vergessener Komponistinnen noch viel mehr davon: Verschiedene Ansätze, um das Potential dieser Musik aufzeigen und dann zu entscheiden, wo im Barockregal zwischen den großen Namen und den Kleinmeistern sie einzuordnen ist. Mit ihrer grandiosen Debüt-CD hat Sophie de Bardonnèche neue Namen ins Spiel gebracht. Der Reigen kann also beginnen.
Sophie de Bardonnèche
Lucile Boulanger
Justin Taylor
Label: alpha
Sendungsthema aus "Tafel-Confect" vom 24. November 2024, 12.05 Uhr auf BR-KLASSIK