Dresden war in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts eine europaweit anerkannte Musikmetropole. Ein mehrteilig angelegtes Aufnahme-Projekt würdigt nun das Werk ausgewählter Komponisten, die zur Zeit Bachs für den Dresdner Hof tätig waren.
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Das Beste war bei weitem nicht gut genug. Daran gibt's keinen Zweifel, wenn man in Dresden im Grünen Gewölbe vor den Vitrinen steht. Juwelen, Gold, atemberaubende Preziosen für eine barocke Wunderkammer ...
Doch nicht nur glanzvolles Geschmeide liebte man am Dresdner Hof. Unter der Herrschaft des sächsischen Kurfürsten und zugleich polnischen Königs August des Starken entwickelte sich in der prachtvollen Metropole an der Elbe eine Musikpflege, die in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts europaweit einzigartig war: Vor allem das kurfürstliche Orchester zog die Musikerelite der damaligen Zeit an: Hier traten gefeierte Instrumentalisten auf, die namhaftesten Komponisten lieferten Stücke zum Zweck superlativer Prachtentfaltung.
Alexis Kossenko und die beiden Ensembles "Les ambassadeurs" und "La grande écurie" wollen nun in einem mehrteilig angelegten Aufnahme-Projekt das Werk ausgewählter Musiker würdigen, die zur Zeit Bachs für den Dresdner Hof tätig waren. Ein europäisches Alleinstellungsmerkmal der barocken Musikpflege in Dresden: Nicht Sänger waren die gefeierten Stars, sondern Instrumentalisten. Und die werden auf dem nun erschienenen ersten Album Alexis Kossenkos brillant in Szene gesetzt. Beispielsweise in einem Flötenkonzert des Dresdner Hofkomponisten Johann David Heinichen.
Solch elegante, temperamentvolle Musik war - man glaubt es kaum - als erfrischende Instrumentaleinlage für eine Messe gedacht. Und dass es unter August dem Starken nicht nur in den Apartements und Boudoirs der Schlösser bunt und sinnlich zuging, sondern offenbar auch im Gottesdienst, das beweisen in dieser Aufnahme Ausschnitte aus Messen und Oratorien. Diese Arie des Hofkomponisten Jan Dismas Zelenka beispielsweise klingt eher wie der stürmische, leidenschaftliche Auftritt eines Opernhelden, grandios gesungen von Stephan MacLeod.
Was das Orchester anbelangt, so tönt es in dieser Aufnahme nicht unbedingt so, wie sich das an historische Aufführungspraxis gewöhnte Ohren wünschen würden: Pastos und mit viel Hall wabert der Sound, recht viel dynamische Feinarbeit ist nicht zu erkennen. Brillant hingegen sind die Instrumentalsolisten, schon allein ihretwegen ist die Aufnahme dann doch empfehlenswert. Und nicht zuletzt natürlich auch wegen anregender Begegnungen mit Komponisten, die leider völlig unverdient im Schatten prominenterer Kollegen stehen.
Johann David Heinichen, Johann Georg Pisendel, Jan Dismas Zelenka, Johann Friedrich Fasch
Ensembles "Les ambassadeurs" und "La grande écurie"; Alexis Kossenko
Label: Aparte Music
Sendungsthema aus "Tafel-Confect" vom 24. Oktober 2021, 12.05 Uhr auf BR-KLASSIK