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Kostprobe | 27.03.2022 Masaaki Suzuki spielt Musik des frühverstorbenen Nicolaus Bruhns

Der Norddeutsche Nicolaus Bruhns war der Lieblingsschüler Buxtehudes. Auch Bach hat ihn studiert. Das schmale, aber geniale Werk des frühverstorbenen Husumer Organisten hat Masaaki Suzuki in Yale eingespielt.

Bildquelle: © BIS

Was macht einer der größten lebenden Bach-Interpreten wie Masaaki Suzuki, wenn er seine Arbeit getan hat? Auf 55 CDs spielte er mit seinem Bach Collegium Japan die Geistlichen Vokalwerke des Großmeisters ein und erhielt dafür unter anderem den ECHO Klassik und die Bach-Medaille. Und als Organist und Cembalist legte er darüber hinaus noch etliche Tastenwerke Bachs auf CD vor. Doch was nun tun? Masaaki Suzuki macht bei denen weiter, die den Thomaskantor inspiriert haben. Dazu zählte der Husumer Stadtorganist Nicolaus Bruhns, den Bach nach Angaben seines Sohnes Carl Philipp Emanuel "geliebt und studiert" haben soll.

Fünf Orgelwerke und zwölf Kantaten

Zusammen mit dem Yale Institute of Sacred Music spielt Masaaki Suzuki nun das das Gesamtwerk von Nikolaus Bruhns ein, von dem die erste CD gerade erschienen ist. Was nach einem weiteren Großprojekt des Japaners klingt, wird allerdings mit der nächsten CD schon vollendet sein. Denn der 1697 an der Schwindsucht gestorbene Bruhns wurde nur 31 Jahre alt. Sein erhaltenes Werk ist schmal und umfasst gerade mal fünf Orgelstücke und zwölf Kantaten. Die aber sind von einiger Genialität. Schon zu Lebzeiten galt Bruhns als eine der größten Begabungen seiner Zeit. Fantasievolle Toccaten und strenge Fugen kann man abschnittsweise in Bruhns großem Orgel-Praeludium hören, das dem norddeutschen Stylus Phantasticus verbunden ist. Reich verzierte Permutationen kennzeichnen dagegen Bruhns einzige Choralphantasie auf Luthers "Nun komm, der Heiden Heiland". Von Masaaki Suzuki im ersten Fall auftrumpfend expressiv und im zweiten Fall mit delikater Finesse interpretiert.

Einfluss von Dietrich Buxtehude

Nicht zu verleugnen ist der Einfluss von Dietrich Buxtehude. Denn Nicolaus Bruhns war der Lieblingsschüler des großen Lübeckers und lernte beim ihm Orgelspiel und Komposition. Dass Bruhns aber auch ein angesehener Violinvirtuose war, der bis nach Kopenhagen engagiert wurde, lassen die Vorspiele seiner Kantaten ein wenig erahnen. Leider gingen seine anderen Geigenwerke verloren.

Noch mehr aber überzeugen Bruhns Kantaten, die von den Sängern des Yale Institute of Sacred Music mit zurückhaltender Schlichtheit, aber großer Akribie und Nuancenreichtum gesungen werden. Bruhns Gotteslob besticht durch kantable Melodik und zurückhaltende Subtilität. Zuviel Inbrunst würde die beherrschte norddeutsche Seele nur befremden. Insofern sorgt Masaaki Suzuki für kongeniale Interpretationen, die durch ihr Understatement Nicolaus Bruhns Genialität erst so richtig glänzen lassen.

Nicolaus Bruhns: Kantaten und Orgelwerke Vol. 1

Nicolaus Bruhns
Yale Institute of Sacred Music, Masaaki Suzuki
Label: BIS

Sendungsthema aus "Tafel-Confect" vom 27. März 2022, 12.05 Uhr auf BR-KLASSIK

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