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Kostprobe | 23.04.2023 Ein imaginärer Abend in der Barockoper

Eine CD als fantastische Zeitreise: Nirgends gab es so viele Opernhäuser wie in Venedig nach 1700. Was bekam man z. B. im Teatro Sant'Angelo zu hören? Die Antwort geben Mezzosopranistin Adèle Charvet und das Ensemble Le Consort.

Bildquelle: © alpha

Schöne Idee: Mal zu schauen, wie es so an einem durchschnittlichen venezianischen Opernhaus im 18. Jahrhundert zugegangen ist und dann auf einer CD die barocke Theateratmosphäre wieder aufleben zu lassen. Die Idee hatte das Ensemble Le Consort gemeinsam mit der Mezzosopranistin Adèle Charvet. Im Fokus: das Teatro Sant'Angelo.

Pralles Opernleben

Dieses Theater war ein Brennpunkt des prallen Opernlebens; nicht so nobel wie die großen Häuser Venedigs, dafür mit den spektakulärsten Inszenierungen, mit Bühnenbildern von großen Künstlern wie Canaletto, mit aufsehenerregenden Spezialeffekten, mit Akrobaten, Tanz- und Tiershows in den Pausen.

Die Theater in Venedig gehörten meist Patrizierfamilien, das Sant’Angelo etwa der Familie Marcello, aus der selbst zwei versierte Komponisten hervorgingen. Diese Familien wiederum vermieteten die Häuser an Impresarios, die den Theaterbetrieb organisierten und gewinnorientiert arbeiten mussten. Zeitweilig war kein Geringerer als Antonio Vivaldi der Impresario am Sant'Angelo, der hier zahlreiche seiner Opern uraufführte.

Hartes Geschäft

Aber Vivaldi verpflichtete auch etliche junge Komponisten, die gerade am Anfang von vielversprechenden Karrieren standen, und die von der kreativen Energie des Hauses extrem profitierten. Von ihnen sind auf der CD etwa Giovanni Alberto Ristori, Giovanni Porta oder Fortunato Chelleri vertreten, der später unter anderem auch am fürstbischöflichen Hof in Würzburg tätig war.

Die Oper war für Komponisten und Impresarios ein hartes Geschäft – bereits ein Misserfolg konnte zum Bankrott führen. So soll Vivaldi selbst manchen Abend gerettet haben, indem er das Publikum mit seinen Violinsoli verzauberte.

Immer der passende Ton

Adèle Charvet ist eine herausragende Mezzosopranistin mit einer riesigen stilistischen Bandbreite. Sie singt italienische Barockoper ebenso wie Rollen in Bizets "Carmen" oder Debussys "Pelléas et Mélisande" und widmet sich intensiv dem Kunstlied. Ihre Vielseitigkeit ist auch auf dieser CD das große Plus. Egal ob lyrisch oder dramatisch – sie findet immer den passenden Ton. Le Consort musiziert historisch informiert, aber so lebhaft, dass man glauben könnte, man sei mit dem Fluxkompensator ins Teatro Sant'Angelo zu Vivaldis Zeiten katapultiert worden: Eine CD als fantastische Zeitreise

Teatro Sant'Angelo

Antonio Vivaldi, Giovanni Alberto Ristori, Giovanni Porta, Fortunato Chelleri
Adèle Charvet, Mezzosopran
Le Consort
Label: alpha

Sendungsthema aus "Tafel-Confect" vom 23. April 2023, 12.05 Uhr auf BR-KLASSIK

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