Sie waren Brüder im Geiste und wahre Könner auf der Geige: Antonio Vivaldi und Johann Georg Pisendel. Eine neue CD von Julien Chauvin und "Le Concert de la Loge" widmet sich den klingenden Zeugnissen einer Musikerfreundschaft.
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"…fatto per il Maestro Pisendel…" - "komponiert für Maestro Pisendel" - ein gutes Dutzend Werke von Antonio Vivaldi tragen diesen Vermerk. Die lapidaren Worte führen auf die Spur einer langjährigen Freundschaft des venezianischen Komponisten mit dem Violinvirtuosen Johann Georg Pisendel. Das französische Barockorchester "Le Concert de la Loge" und sein Leiter Julien Chauvin haben auf einer neuen CD die Konzerte Vivaldis eingespielt, die in Zusammenhang mit dieser Freundschaft entstanden sind.
Es lohnt sich also, einen kurzen Blick auf Johann Georg Pisendel zu werfen - der zu seinen Lebzeiten in einem Atemzug mit Händel, Bach oder Telemann genannt worden ist, ganz anders als heute. Berühmt wurde Pisendel als Konzertmeister der legendären Dresdner Hofkapelle, damals eines der besten Orchester in Europa. Er prägte mit seinem starken Charisma das Bild vom modernen Konzertmeister, der das Orchester vom ersten Violinpult aus führt, sich aber dennoch als Erster unter Gleichen versteht.
Zur Welt kam Pisendel 1687 im fränkischen Cadolzburg, das heute zum Landkreis Fürth gehört und damals zur Markgrafschaft Brandenburg-Ansbach. Am Hof in Ansbach erhielt er Violinunterricht bei dem italienischen Geiger und Komponisten Giuseppe Torelli, einem der Wegbereiter des barocken Violinkonzerts.
1716 trafen sich Pisendel und Vivaldi in Venedig. Vermutlich finanzierte der sächsische Hof dem jungen Violintalent den Unterricht bei Vivaldi und gab auch die Konzerte bei ihm in Auftrag, die Pisendel mit nach Dresden nahm. Vivaldi schrieb seinem jungen Freund und Schüler einige der Werke in die Finger, die Julien Chauvin auf der neuen CD interpretiert. Und in fast jedes Solo hat der Komponist für Pisendel eine Schwierigkeit eingebaut, die aufhorchen lässt.
Andere Vivaldi-Konzerte sind in eigenhändigen Kopien von Pisendel überliefert - und es wird sofort klar, was den jungen Geiger an der so markanten Musik des Venezianers fasziniert haben muss.
Spannungsreiche Themen, abenteuerliche Intervallsprünge, schwungvolle Melodiebögen, kontrastreiche Rhythmik - das sind die Zutaten, aus denen Vivaldi seinen innovativen Stil kreierte. In Pisendel stieß er auf einen ähnlich veranlagten Geist. Und diesen Esprit bringen Julien Chauvin und sein Ensemble Concert de la Loge in jedem Takt zum Leuchten.
Antonio Vivaldi
Vivaldi edition vol. 69
Le Concert de la Loge; Violine und Leitung: Julien Chauvin
Label: naïve
Sendungsthema aus "Tafel-Confect" vom 16. Oktober 2022, 12.05 Uhr auf BR-KLASSIK