Werner Ehrhardt, Leiter von "l'arte del mondo", ist vor einigen Jahren auf den Haydn-Zeitgenossen Anton Zimmermann und gestoßen und war begeistert von seinen Sinfonien. Jetzt ist bereits die zweite CD mit seiner Musik erschienen.
Bildquelle: deutsche harmonia mundi
Es ist wie mit Fernsehserien aus den 80er Jahren: Die meisten schlummern zurecht in irgendwelchen Studioarchiven, keiner vermisst sie, vieles ist im Schnellverfahren produziert worden, um die Menschen mit immer neuem Entertainment zu versorgen. Aber die ein oder andere Serie schaut man sich immer noch gerne in der Wiederholung an, vielleicht aus Nostalgie, vielleicht wegen der kreativen Story.
Auch die meisten Opern, Sinfonien, Divertimenti, Serenaden aus der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts sind für eine atemlose Unterhaltungsmaschinerie entstanden. Eine Fließband-Produktion, die das Verlangen nach bestimmten Emotionen und Effekten immer wieder bediente. Und doch stechen auch hier einige Köpfe heraus, an erster Stelle natürlich die "Klassiker" Haydn und Mozart. Trotzdem lohnt der Gang in die Archive, denn zwischen mancher Wiederentdeckung, die getrost unentdeckt hätte bleiben können, finden sich nicht selten richtige Perlen, die in ihrer Originalität den Klassikern durchaus das Wasser reichen können. Einer, dem solche lohnenden Entdeckungen regelmäßig gelingen, ist Werner Ehrhardt, früher für Concerto Köln, seit einiger Zeit nun für sein Orchester "l'arte del mondo".
Die Entdeckung von Anton Zimmermann ist eigentlich schon einige Jahre her, aber so ergiebig, dass jetzt ganz neu schon die zweite CD mit Sinfonien dieses Komponisten erschienen ist – allesamt Weltersteinspielungen.
Bei Anton Zimmermann liegt der Vergleich mit seinem Zeitgenossen Joseph Haydn ziemlich nahe. Die beiden trennten vom Alter her nur neun Jahre, von der Entfernung ihrer Arbeitsplätze nur etwa dreiundsechzig Kilometer. Sie dienten einflussreichen ungarischen Adelsgeschlechtern: Haydn in Eisenstadt, Zimmermann in Preßburg, heute Bratislava, damals die Krönungsstadt der ungarischen Könige.
Und noch etwas verbindet Haydn und Zimmermann: ihr Einfallsreichtum. Haydns Sinfonien sprühen vor Witz und überraschenden Wendungen, er spielt mit den Erwartungen der Zuhörerinnen und Zuhörer – und das in einer genialen Dichte. Anton Zimmermann verfügt vielleicht nicht ganz über dieselbe Brillanz der Ideen, aber in jedem Satz wartet er mit unvorhergesehenen Geistesblitzen auf, eingebettet in einen filigranen und vielschichtigen Tonsatz.
Es ist letztlich wie bei einer guten Fernsehserie: Kaum ist der letzte Ton der CD verklungen, beginnt das Warten auf die nächste Folge. Hoffentlich findet Werner Ehrhardt noch genügend Stoff.
l'arte del mondo, Leitung: Werner Ehrhardt
Label: deutsche harmonia mundi
Sendungsthema aus "Tafel-Confect" vom 13. Oktober 2024, 12.05 Uhr auf BR-KLASSIK