Im Februar ist Lucile Boulanger zu Gast in Nürnberg bei der Musica Antiqua-Reihe von BR-Klassik Franken in Zusammenarbeit mit dem Germanischen Nationalmuseum. Begleitet von Pierre Gallon am Cembalo präsentiert sie ein Programm rund um den französischen Gambenvirtuosen Antoine Forqueray.
Bildquelle: © Alix Laveau
Die französische Gambistin Lucile Boulanger begann schon im Alter von fünf Jahren mit dem Spielen der Viola da Gamba. Sie studierte unter anderem bei Ariane Maurette und Christophe Coin; 2009 gewann sie den internationalen Bach-Abel-Wettbewerb in Köthen. Lucile Boulanger tritt weltweit als Solistin und Kammermusikerin auf – von der BBC wurde sie sogar mit der legendären Cellistin Jacqueline du Pré verglichen. Am 19. Februar 2025 ist Lucile Boulanger zu Gast in Nürnberg bei der musica antiqua-Reihe von BR-Klassik Franken in Zusammenarbeit mit dem Germanischen Nationalmuseum. Begleitet von Pierre Gallon am Cembalo präsentiert sie ein Programm rund um den französischen Gambenvirtuosen Antoine Forqueray. BR-KLASSIK hat vorab mit ihr gesprochen.
BR-KLASSIK: Lucile Boulanger, ihr Instrument, die Viola da gamba, wird oft ein "aristokratisches" Instrument genannt. Was macht diesen "aristokratischen" Klang aus, können Sie die Bezeichnung nachvollziehen?
Lucile Boulanger: Die Gambe ist nicht sehr laut. Kraftvoll, aber nicht laut, würde ich sagen, weil sie ein sehr resonantes Instrument ist. Es ist wie bei Menschen, die eine gewisse Energie haben und daher nicht schreien müssen. Die Musik für Viola da gamba ist sehr edel und vornehm, mit wirklich sehr viel Eleganz. Und es gibt diesen Reichtum im Klang, nicht sehr laut, aber voller verschiedener kleiner Klänge, verschiedene Obertöne, die den Klang ausmachen. Also ja, man kann sagen, das ist sehr aristokratisch.
Forqueray, der Unersättliche: Ein musikalisches Porträt (Lucile Boulanger, Gambe | Pierre Gallon, Cembalo) am 19.02.2025 um 20 Uhr im Germanisches Nationalmuseum, Nürnberg, Aufseßsaal. In Sendung auf BR-KLASSIK am 20. März 2025 um 20.03 Uhr.
BR-KLASSIK: Was hat Sie selber denn in den Bann gezogen, als Sie sich für das Instrument Gambe entschieden haben – immerhin waren Sie da im im zarten Alter von gerade mal fünf Jahren?
Lucile Boulanger: Ganz genau kann ich mich nicht erinnern, was in meinem kleinen Kopf vorgegangen ist. Es war eher ein allgemeiner Eindruck, die Musik und auch das Visuelle. Also einserseits, was ich über den Reichtum des Instruments gesagt habe, und die Gambenspielerin, die an diesem Tag auftrat, hatte auch ein sehr schönes Instrument. Es wirkte alles so einfach. Also ich denke, mich hat diese Noblesse angezogen, eine Eleganz, die nicht mit Geld oder irgendetwas Oberflächlichem verbunden ist.
BR-KLASSIK: Sie werden in Nürnberg Werke von Antoine Forqueray spielen, Kammermusiker von Ludwig XIV. und einer der zwei besten Gambisten seiner Zeit. Aber anders als viele andere Franzosen damals, nahm er sich die italienische Virtuosität zum Vorbild. Wie geht das zusammen, der noble und elegante Charakter der Gambe mit einer Haltung, einem Gestus, der eher auf Bravour ausgelegt ist?
Lucile Boulanger: Forqueray ist wirklich einzigartig in dieser Hinsicht, weil er das Schönste der französischen Musik beibehalten hat, die Noblesse, die Straßentänze – und die Viola da gamba selbst, die wirklich typisch französisch ist. Und er fügte etwas hinzu, manche Leute sprachen damals von Salz. Sie sagten, in Forquerays Musik gibt es etwas, das zum Beispiel bei Marin Marais nicht zu finden ist. Es ist schwer, dieses Salz zu definieren. Ich würde sagen, viel Charakter und eine Virtuosität, die etwas mehr nach außen gerichtet ist, die etwas spielerischer und sichtbarer ist ... Aber es ist nie leere Virtuosität, weil er eine sehr starke harmonische Sprache hat, seine Stücke sind sehr reichhaltig.
BR-KLASSIK: Forqueray war, neben seiner Brillianz als Musiker, auch ein problematischer Charakter. Er hat seine Frau sehr schlecht behandelt und ließ seinen Sohn sogar ins Gefängnis werfen. Spielt das für Sie eine Rolle, wenn Sie Musik von ihm spielen?
Lucile Boulanger: Ja, das spielt schon eine Rolle, weil ich denke, dass er ziemlich verrückt war. Ich weiß nicht genau, welche Art von Verrücktheit, aber es ist eine Verrücktheit, die nicht nur gewalttätig war. Wahrscheinlich kommt daher auch die Vielfalt in seiner Musik. Auch viel Zartheit, wie das oft bei gefährlichen und toxischen Menschen ist. Er war als Person schrecklich, aber in seiner Musik entstanden dadurch stark ausgeprägte Stimmungen. Tatsächlich halte ich nicht viel von Cancel Culture, ob wir diese Stücke spielen sollten oder nicht – wir sollten einfach sagen, der gute Punkt ist, dass wir jetzt darüber sprechen.
Sendungsthema aus "Tafel-Confect" vom 16. Februar 2025, 12.05 Uhr auf BR-KLASSIK
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