Er war Kapellmeister am Stephansdom in Wien und Komponist am Kaiserhof – trotzdem kennen ihn heute nur noch wenige. Sein Einfluss ist aber immer noch spürbar: Haydn, Mozart oder Beethoven lernten von ihm.
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"Ich komme zu dir, hochverehrter Lehrmeister, um mich in der Musik unterrichten zu lassen. - Was, du willst die Komposition lernen? - Ja. - Weißt du nicht, dass die Musik ein unerschöpfliches Meer ist und kaum Nestors Jahre reichen, um in solcher vollkommen zu werden? Wahrhaftig, du unternimmst eine schwere Sache, ja, eine Last, die, wie man zu sagen pflegt, schwerer als der Berg Ätna ist. Man muss wohl nachdenken, ob man von Jugend auf einen besonderen Trieb und ungemeine Lust an der Harmonie empfunden. - Ja, ganz ungemein. Denn sobald ich nur den geringsten Gebrauch meiner Vernunft erlanget, habe ich recht vor Begierde gebrennet und alle meine Sinne auf die Musik geworfen und bin auch itzo noch recht von Begierde, solche zu erlernen, angeflammt."
Schließlich wird der eifrige Schüler angenommen und in der Kunst der Musik unterwiesen, die in den Augen des Meisters natürlich nichts Anderes sein kann als die Kunst des Kontrapunktes. Sein Lehrmeister ist kein Geringerer als die Ikone der kirchlichen Musikgeschichte: Giovanni Pietro Aloisio Sante da Palestrina, kurz: der Palestrina, der angeblich den Kontrapunkt in idealer Weise verwendete. Der Dialog entstand gut 200 Jahre nach Palestrinas Tod. Er entstammt der wichtigsten Kompositionslehre der Wiener Klassik, dem "Gradus ad Parnassum", veröffentlicht 1725 in Wien. Der Titel heißt übersetzt: "Schritte zum Parnass", also Schritte zum Berg der Musen.
Johann Joseph Fux (um 1660, Hirtenfeld bei Graz - 1741, Wien) war seinerzeit als Komponist hoch angesehen. Der arme Bauernsohn hatte es zum Kapellmeister am Stephansdom und zum Hof-Compositeur dreier österreichischer Kaiser gebracht. Doch geriet Fux' reiches kompositorisches Oeuvre schnell in Vergessenheit. Fux' Name ist bis heute untrennbar mit seiner Kompositionslehre verbunden: Haydn, Mozart, Beethoven: sie alle hatten ein Exemplar der "Gradus" im Regal stehen. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts schrieb Muzio Clementi ein Klavierlehrbuch, dem er ebenfalls den Titel "Gradus ad Parnassum" gab. Und noch 1908 ironisierte Claude Debussy sowohl diese Klavierübungen als auch die Kontrapunktlehre in "Dr. Gradus ad Parnassum" in "Children's Corner".
Sendungsthema aus "Tafel-Confect" vom 24. September 2013, 13.05 Uhr auf BR-KLASSIK