Sie verkünden die zentrale Botschaft des Christentums: die Berichte der vier Evangelisten vom Leiden und Sterben Jesu. Nicht weniger eindringlich vertonten herausragende Komponisten über Jahrhunderte hinweg die Passionsgeschichte.
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"Denn so hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen einzigen Sohn gab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht verloren geht, sondern ewiges Leben hat", schreibt der Evangelist Johannes. Der Kreuzestod nicht als Opfer, sondern als Zeichen göttlicher Liebe, ist zusammen mit der Auferstehung die zentrale Botschaft des Christentums.
Deshalb war die Lesung der Passionsgeschichten nach den vier Evangelisten schon früh Bestandteil der Liturgie und es entwickelte sich eine eigene Rezitationsweise, der sogenannte Passionston. Dabei wurden erzählende Passagen, die Worte Christi, anderer Personen oder ganzer Gruppen wie etwa der Jünger jeweils in eigenen Tonlagen vorgetragen, ab dem 14. Jahrhundert sogar in verteilten Rollen.
Die weitere Entwicklung ist vielschichtig und komplex, lässt sich allenfalls grob skizzieren. Zunächst wurden innerhalb der Lesung einzelne Passagen mehrstimmig ausgeführt, daneben entstand in der Renaissance die durchkomponierte Passion. Das Repertoire differenzierte sich aus mit ganz eigenen Spielarten in den katholischen und protestantischen Ländern.
Passion als geistliches Musikdrama
Nach 1600 kamen dann Elemente aus der Opern- und Oratorienkomposition hinzu: etwa Arien und Chöre; außerdem Kirchenlieder und Choräle. Und die biblische Erzählung wurde vielfach nicht mehr im Lektionston vorgetragen, sondern im modernen Rezitativstil des Musikdramas. Aus der liturgischen Passion wurde das Passionsoratorium, kulminierend in den beiden Werken von Johann Sebastian Bach.
1829, hundert Jahre nachdem sie zum ersten Mal in der Leipziger Thomaskirche erklang, führte Felix Mendelssohn Bartholdy die Matthäuspassion von Bach in der Berliner Singakademie wieder auf und legte damit den Grundstein für den unsterblichen Nachruhm des Thomaskantors. Bis heute sind es gerade Bachs Passionen, die unser Klangbild von der Karwoche prägen.
Wie relevant die Botschaft der Passionsgeschichte auch heute noch ist, hebt etwa der Dirigent Thomas Hengelbrock hervor: "Ich glaube, dass diese Geschichten von einem Menschen, der für seine Überzeugung, für seine Ideale in den Tod geht, der sich nicht brechen lässt, nicht durch Folter, nicht durch Todesandrohung oder durch den Vollzug einer Hinrichtung, dass das natürlich heute, wo wir überschüttet werden mit Bildern von Gefangenen, die gefoltert werden und getötet werden - dass das irgendwie nichts, aber auch gar nichts von seiner Aktualität verloren hat. Ganz im Gegenteil, dass das etwas ist, was uns alle heute packt."
Sendungsthema aus "Tafel-Confect" vom 15. April 2022, 12.05 Uhr auf BR-KLASSIK