Viele herrliche Kompositionen sind verloren gegangen, weil niemand sich die Mühe gemacht hat, sie aufzuschreiben. Dank des Herausgebers Petrus Alamire sind uns aber doch zahlreiche Werke der Renaissance überliefert.
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Er war Notenschreiber, Herausgeber, Kaufmann, Diplomat, Spion und Bergwerkskundiger, musizierte und komponierte - und die Chor- und Stimmbücher aus seiner Werkstatt sind heute oft die einzige Quelle für Werke von Komponisten wie Josquin Desprez, Johannes Ockeghem, Pierre de la Rue, Heinrich Isaak oder Adrian Willaert. Ja, Petrus Alamire war ein Multitalent - das vermutlich um 1470 als Peter Imhoff in Nürnberg geboren wurde, wie Klaartje Proesmans von der im flämischen Leuven beheimateten Alamire-Foundation erzählt:
"1496 in S'Hertogenbosch in den Niederlanden lesen wir, dass Petrus Alamire von Nurenburg kam. Später haben wir auch einen "Peter Imhofe" aus Deutschland gefunden, und aufgrund dessen geht man davon aus, dass er der bekannten Nürnberger Patrizier- und Handelsfamilie Imhoff entstammt." Klaartje Proesmans
Dieser Peter Imhofe beschloss schon bald, seinen Namen zu ändern. Dafür wählte er das A für den Stimmton in der Musik, und die Solmisationssilben la, mi und re: Alamire. Warum er nicht mehr Imhoff heißen wollte, kann man nur vermuten:
"Vielleicht gab es schon ein Geschäft oder ein Handelsfamilie Peter Imhoff und Gebrüder und vielleicht wollte er sich selbst einen anderen, musikalischen Namen geben, zum Unterschied dieser anderen Firma." Klaartje Proesmans
Ab den frühen 1490er Jahren hielt sich Petrus Alamire, wie er sich nun nannte, in den Österreichischen Niederlanden auf, wo er offenbar einer Werkstatt von Schreibern vorstand und unter anderem Aufträge bei Hofe ausführte, erklärt Proesmans:
"Ab 1503 wird er bezahlt, Musikbücher anzulegen für die Hofkapelle Philipps des Schönen. Und von da an hat er für den Hof gearbeitet, den Hof in Mechelen, und auch für Margareta von Österreich und für Maximilian von Österreich." Klaartje Proesmans
Seine prächtig ausgeführten, schon damals ungeheuer wertvollen Chorbücher wurden bald zu gesuchten Luxusartikeln, die unter gekrönten Häuptern als Gastgeschenk überreicht oder im Staatsschatz verwahrt wurden. Zum Beispiel von Papst Leo X, Kaiser Karl V., Friedrich dem Weisen, der Augsburger Familie Fugger oder Heinrich IIX. von England - der Alamire gleichzeitig auch als Spion beschäftigte. Allerdings nur, bis er herausfand, dass Alamire auch als Gegenspion operierte...
Weiterhin reiste der Kopist durch ganz Europa auf der Suche nach interessanter Musik in diplomatischen Missionen für Könige und Kaiser, und als Instrumenten- und Kunsthändler. Etwas aus der Reihe fällt, dass er auch den dänischen König Christian IV in Sachen Bergbau beriet.
"Das hat etwas mit seiner Herkunft und seinem Netzwerk zu tun, denn die Familie Imhoff war auch sehr wichtig im Geld- und Bankwesen in dieser Zeit, und deswegen haben sie auch in Silber- und Goldwerken in Sachsen und Schlesien investiert." Klaartje Proesmans
Als Petrus Alamire 1536 in Mechelen verstarb, hinterließ er 51 Handschriften und zehn Fragmente, die zum Feinsten gehören, was uns an Manuskripten der Renaissance überliefert ist. Und die die feinste Musik dieser Zeit enthalten.
Sendungsthema aus "Tafel-Confect" vom 30. Juni 2013, 13.05 Uhr auf BR-KLASSIK