BR-KLASSIK

Ancona, 8.April 1921. Der Tenor Franco Corelli wird geboren. Die Kategorie des Animalischen hat kaum ein Sänger so exzessiv ausgelotet wie er. Sein überbordender Ausdrucksgestus schreckte vor affektierten Schluchzern nicht zurück. Die Fans bediente er in Applaus treibender Heldenpose, durch portamento-selig angesteuerte, mit größter Effizienz explodierende, vor gestähltem Selbstvertrauen strotzende Spitzentöne.

Etwas Marktschreierisches hatten diese Höhenflüge hinauf in die magische Stratosphäre. Man war konfrontiert mit athletischer Stimm-Power, Corelli präsentierte sich im Bewusstsein, einen Schneidbrenner in der Kehle zu haben - und im Vertrauen darauf, dass er die Forderung nach der "physique du role", der "Rollengestalt", spielend zu erfüllen vermochte: durch das Aussehen eines hochgewachsenen Hollywood-Stars! Kritische Geister ohne Verständnis für sängerischen Exhibitionismus - was sollten sie anderes tun als die Nase rümpfen?

Franco Corelli in "Tosca"

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Franco Corelli sings Tosca (vaimusic.com)

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Haudegen mit Lampenfieber

Dass ein solcher Haudegen oft mit heftigem Lampenfieber zu kämpfen hatte, möchte man kaum glauben. Und doch ist das aus seriöser Quelle überliefert, zumal aus New York, wo Corelli die Gesangsfreaks an der Metropolitan Opera über mehrere Spielzeiten beglückte. Auch das Londoner Royal Opera House Covent Garden und die Wiener Staatsoper waren zentrale Anlaufstellen für den Tenor - neben den heimischen Adressen Mailand, Verona und Florenz. Herbert von Karajan holte den Mann aus Ancona zu den Salzburger Festspielen, wo sein Manrico in Verdis "Trovatore" die Leute derart elektrisierte, dass niemand sich die Frage stellte, ob das hohe C am Ende der Stretta Manricos vom Komponisten überhaupt vorgesehen war.

Sendung: "Allegro" am 8. April 2021 ab 06:05 Uhr auf BR-KLASSIK