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Jörg Widmanns Oper "Babylon" wird uraufgeführt Bombastisches Musiktheater

München, 27. Oktober 2012: An der Bayerischen Staatsoper hat die Oper "Babylon" Premiere, ein Gemeinschaftsprojekt von Jörg Widmann und Peter Sloterdijk. Die Reaktion auf das klang- und sprachgewaltige Mammutwerk ist durchwachsen.

Szene mit August Zirner (Ezechiel), Kai Wessel (Skorpionmensch) | Bildquelle: Wilfried Hösl

Bildquelle: Wilfried Hösl

Babylon. In der Bibel wird die Stadt als Sündenpfuhl beschrieben. Aber auch als Ort der kulturellen Vielfalt. Ein Spannungsfeld, das den Komponisten Jörg Widmann fasziniert. Als die Bayerische Staatsoper ihn beauftragt, eine Oper zu schreiben, weiß Widmann sofort: Babylon soll im Zentrum seines neuen Musikdramas stehen. Die unterschiedlichen Kulturen und Sprachen der Megacity stellt er dar, indem er viele Musikstile miteinander mischt. "Ich kann mir vorstellen, dass es in Babylon gar nicht so anders klang als bei uns heute", so der damals 39-Jährige Komponist. "Egal, wo man sitzt oder steht, es sind permanent Musiken, die ungefragt auf uns einströmen."

Liebesdrama im babylonischen Exil

Fehlt nur noch ein Librettist. Widmann kann den Philosophen Peter Sloterdijk für das Projekt gewinnen. Der hat allerdings noch nie ein Opernlibretto geschrieben und vergräbt sich zunächst in historische Schriften wie den Gilgamesch-Epos und Mythen aus Mesopotamien. Sloterdijks Ziel: "Wir brauchen eine große Liebesgeschichte und wir brauchen einen dramatischen Handlungskern." Umgesetzt sieht das dann so aus: Der Jude Tammu lebt im babylonischen Exil und muss sich zwischen zwei Frauen entscheiden. Damit nicht genug. Tammu soll auch noch geopfert werden, um die Stadt vor einer Flut zu retten. Konflikte an allen Ecken und Enden also. Das Ganze dargestellt in sieben Bildern.

Dirigierpult muss für umfangreiche Partitur vergrößert werden

Sloterdijk und Widmann erschaffen mit "Babylon" ein sprach- und klanggewaltiges Mammutwerk. Bis auf den letzten Drücker arbeitet der Komponist an der Musik. Erst elf Tage vor der Premiere ist die umfangreiche Partitur fertig. Die umfasst 700 Seiten und teilweise 94 verschiedene Stimmen. Dafür muss eigens das Dirigierpult vergrößert werden, damit Dirigent Kent Nagano den Überblick behält.

Gemischte Kritiken nach Uraufführung in München

Jörg Widmann | Bildquelle: picture-alliance/dpa Klang- und Stilgewitter: So stellt Jörg Widmann die Stadt Babylon musikalisch dar. | Bildquelle: picture-alliance/dpa Nach der Uraufführung im Münchner Nationaltheater sind die Kritiken gemischt. Endlich modernes Musiktheater mit großen Emotionen und starken Bildern, finden die einen. Zu überladen und konfus, sagen die anderen. Jörg Widmann nimmt’s gelassen. "Ich würd’s genauso wieder machen, ich kann auch gar nicht anders." Oder vielleicht doch? Einige Jahre später überarbeitet Widmann die Oper "Babylon" dann noch einmal. Die revidierte Fassung wird 2019 uraufgeführt. Diesmal in Berlin.

Sendung: "Allegro" am 27. Oktober 2023 ab 06:05 Uhr auf BR-KLASSIK

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