Das Kunstlied ist eine ganz eigene Welt. BR-KLASSIK stellt Ihnen fünf herausragende Interpreten dieses Genres vor. Sänger, die mit emotionaler Tiefe und technischer Brillanz überzeugen.
Bildquelle: Gregor Hohenberg / Sony Classical
Es ist das intime Gegenstück zur Opernarie: das sogenannte Kunstlied. Wenn sie mit ihrer Vertonung ein Gedicht interpretieren, kümmern sich Komponisten um Feinheiten und Subtilitäten aller Art. Ein Sänger – egal ob Tenor, Bariton oder Bass – darf diesen kreativen Prozess Klang werden lassen und Nuancen ausloten. Der Begleiter, für den es die schöne Bezeichnung Liedpianist gibt, muss bescheiden im Hintergrund bleiben und manchmal doch die Führung übernehmen und markant hervortreten. So entsteht singend und spielend eine anrührende Erzählung von Geben und Nehmen in der Musik.
Selbst musikalischen Laien erschließt sich die Attraktivität der Stimme von Fritz Wunderlich (1930-1966). Der Pfälzer Tenorlegende ist eine Jugendlichkeit eigen, die sich jedes Ohr im Sturm erobert. Betörender Schmelz verströmt Charme und Elan, mit Leichtigkeit wird der elegante Vortrag durch mühelos leuchtende Spitzentöne gekrönt. Alles strahlt Spaß am Musizieren aus, auch und gerade bei seelisch so tief lotender Musik wie der von Schubert.
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An die Musik (Der letzte Liederabend) - Fritz Wunderlich
Intelligente Phrasierung, apartes Stimmtimbre – diese Trümpfe spielt der Straubinger Bariton Christian Gerhaher (Jahrgang 1969) aus. Sensibler lässt sich dem, was zwischen Text- und Notenzeilen von Komponisten und Dichtern steht, kaum nachhorchen, nachspüren, nachgehen. Vor solchem Feinschliff ziehen die Bewunderer der Gattung Kunstlied gerne den Hut. Als wichtigsten Liedkomponisten betrachtet Gerhaher den Romantiker Robert Schumann: Von dessen Gedichtvertonungen liebt er hörbar jede einzelne.
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Christian Gerhaher - Schumann: Sehnsucht nach der Waldgegend (Opus Klassik 2019)
Listicle: Die besten Liedsängerinnen
Unter den legendären Bassisten ist keiner zu so exzellenter vokaler Miniaturmalerei fähig wie der Rheinländer Kurt Moll (1938-2017). Abseits seiner gefeierten Opernfiguren, die er mit Phonstärke und Klangfülle imponierend zu gestalten weiß, kann er sich als sensibler Liedinterpret bewähren. Denn seine Stimme kommt manchmal eben auch weich und samtig daher, gelenkig gerundet. Jederzeit versteht es Kurt Moll, bildkräftig und farbig zu erzählen – was etwa den unterschätzten Balladen Carl Loewes zugutekommt. Im Original sind es Klavierlieder, aber ihre Wirkung verfehlen sie auch in Orchesterfassungen nicht.
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Kurt Moll "Die Uhr" C. Loewe
Für den amerikanischen Bariton Thomas Hampson (Jahrgang 1955) hat Gesang eine elementare Bedeutung. Er will mit seinem Vortrag Türen öffnen: Die Zuhörer sollen ein Reich betreten, in dem sich grundlegende Aspekte der menschlichen Existenz eröffnen. Für dieses hohe Ethos bringt er außer Seriosität eine geschmeidige Stimme mit, die zum Ausdruck enormer Zartheit fähig ist. Als Sänger, der Worte und Emotionen differenziert in Töne verwandelt, arbeitet er mit koloristischer Vielfalt. Hampsons besonderes Interesse gilt Verkanntem und Vergessenem, doch der Sinnsucher Gustav Mahler ist sein musikalischer Hausgott.
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Gustav Mahler - Lob des hohen Verstandes (Thomas Hampson)
Eine epochale Rolle spielt für den Liedgesang der gebürtige Berliner Bariton Dietrich Fischer-Dieskau (1925-2012). Enzyklopädische Fülle kennzeichnet seine Diskografie – eine der umfassendsten überhaupt. Auf der Höhe seines Könnens, in der ersten Karrierehälfte, entfaltet die Stimme ein reiches Farbspektrum, ohne durch die späteren Manierismen zu verstören. Wo Fischer-Dieskau versucht, seinen unbändigen Gestaltungswillen zu zügeln, der Musik nichts aufzuzwingen, mit einem Minimum an vokalen Gesten auszukommen, gelingen ihm eindringliche Interpretationen.
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Wolf - Prometheus - Fischer-Dieskau / Moore 1960
Sendung: "Allegro" am 09. April 2025 ab 6.05 Uhr auf BR-KLASSIK
Kommentare (16)
Donnerstag, 24.April, 22:42 Uhr
Klaus Keßler
Liedsänger
Wo ist in Ihrer Aufstellung Peter Schreier???
Montag, 14.April, 09:01 Uhr
Sabine Lang
Liedsänger
Sehr geehrte Damen und Herren,
dieser Auswahl von den besten Liedsängern stimme ich sehr zu, hinzufügen würde ich allerdings noch Simon Keenlyside..
Herzliche Grüße
Sabine Lang
Sonntag, 13.April, 17:56 Uhr
Ingrid Bahr
Die fünf besten Liedsänger
Seit ich Florian Boesch 2023 zum ersten mal erlebt habe, habe ich zu den Liedern zurückgefunden. Der Favorit in meinem Elternhaus, Dietrich Fischer Dieskau, konnte mich nicht halten, und heute auch Christian Gerhaher nicht. Boesch geht es nicht um Schöngesang. Es geht ihm um den Text, um die Inhalte. Boesch erzählt. Das sagt er so in Interviews, man hört es auch, und es begeistert mich. Er singt nicht gekünzelt, beugt keine Vokale, verschluckt keine Ns am Wortende (Dieskau). Boesch trägt nicht vor, er singt von innen heraus und daher so nachvollziehbar und glaubwürdig. Dabei hat er eine ganz wunderbare, vielschichtige Stimme, von samtig zart bis grollend gewaltig, geradezu dreidimensional. Mir fallen immer die vielen Register von Orgeln ein. Wunderlichs schöne Stimme kommt aus einer anderen Zeit, und Molls Bass ist wirklich sehr bemerkenswert. Alle haben ihr Publikum. Florian Boesch ist in Ihrem Ranking nicht erwähnt, aber er ist mein absoluter Favorit
Samstag, 12.April, 08:24 Uhr
Isabel Herzfeld
Wer kennt ihn noch?
Einer der größten Liedersänger aller Zeiten war der Franzose Gerard Souzay (1918-2004.
Seine "Dichterliebe" ist unübertroffen, da kommt auch der frühe und mittlere Fischer-Dieskau nicht mit. Sein Schubert bietet tiefe Ausdeutungen, wo Wunderlich "nur" schöne Stimme und den beschriebenen "jugendlichen Elan" zu bieten hat. Hört mal "Ganymed'! Da tun sich ganze Welten auf, von der antiken Erotik bis zur Natursymbolik und naiven Naturschwärmerei. Das typisch französische Vibrato seiner Stimme und der leichte Akzent bei ansonsten vorbildlicher Aussprache geben seinem Gesang etwas Zerbrechliches, Anrührendes, das ihn einmalig macht. Mit seinem Partner Dalton Baldwin erreichte er eine Wort-Ton-Verschmelzung, die selbst dem berphmten Duo Dieskau/Moore so nicht gelang. Gerhaher ist davon nur ein schwacher Abglanz, gut nur für die, die das Bessere nicht kennen.
Freitag, 11.April, 15:58 Uhr
Magdalena Vogel
Sänger
Es fehlen die Sängerinnen! Das ist sehr schade. Von den genannten Sängern durfte ich nur Thomas Hampson und Christian Gerhaher live erleben. Aufnahmen geben kein authentisches Bild. An Thomas Hampson in seiner ganzen charismatischen, gepflegten Erscheinung kommt momentan kein anderer Sänger heran. Ich habe ihn noch nie mit Noten gesehen. Er gestaltet und interpretiert mit geringen Gesten, während andere nur vorlesen. Nicht zu vergessen sein häufiger Klavierpartner Wolfram Rieger, der einen wesentlichen Beitrag leistet. Ich hoffe, dass beide noch lange zusammen auftreten.
Freitag, 11.April, 11:18 Uhr
Biegerl Biegit
Die fünf besten Liedsänger
Wenn es um die besten Liedsänger unserer Zeit geht, führt an Konstantin Krimmel kein Weg vorbei. Schade, dass diesem phantastischen Liedsänger hier keine Aufmerksamkeit zuteil wird.
Donnerstag, 10.April, 16:57 Uhr
Michael Zimmermann
Liedersänger
Bei den hier fünf präsentierten Sängern möchte ich bei Herrn Gerhaher meine Bedenken anmelden. Für meinen Geschmack fehlt es diesem Bariton an Stimme, Natürlichkeit und Tiefe des Ausdrucks. Vieles ertönt affektiv, ja manchmal sogar als Karikatur. Seine Bewegungen auf der Bühne sind nicht natürlich und lenken vom Gesang ab. Die anderen hier erwähnten Sänger begeistern mich auf vielerlei Weise. Jeder hat seine Stärken und sind für mich Vorbilder im Liedgesang. Zu diesen hier angeführten Liedsängern würde ich noch Francisco Araiza, Richard Tauber, Rudolf Schock, Hermann Pray hinzufügen. Bestimmt gibt es noch andere, wenn man das französische Liedgut als Beispiel mit einbezieht. Das ist „meine“ Meinung. Und ich glaube, dass dieser Kommentar der Netiquette entspricht, denn Meinungsvielfalt sollte doch willkommen sein.
Donnerstag, 10.April, 14:45 Uhr
Gerhard Nowack
Stimme Fritz Wunderlich
Wunderlich war ein absolutes Phänomen. Man hatte den Eindruck, er konnte mühelos, ohne ein Anzeichen von Anstrengung, auch die schwierigsten Passagen ganz locker singen. Man konnte sich 100 % auf die Musik konzentrieren, im Gegensatz zu anderen Sängern, bei denen immer etwas die Angst mitschwingt: Packt er es, oder packt er es nicht.
Donnerstag, 10.April, 13:56 Uhr
Lissy Boxleitner
Die fünf besten Liedsänger
Ich stimme mit Ihrer Auswahl (fast) überein.vor allen Dingen Fritz Wunderlich und seine Dichterliebe ist bei mir unvergessen. Aber es fehlt meiner Meinung Gerard Souzai in Ihrer Aufzählung...aber wen soll ersetzen? Ich weiß es nicht.......aber er gehört einfach dazu!1
Donnerstag, 10.April, 13:29 Uhr
Karin Biener
Liedgesang
Unter den lebenden Sängern gibt es wunderbare Stimmen. Aber auch dieses Genre lebt von Moden in der Interpretation. So kann man die alten Sachen mit den Neuen eigentlich nicht vergleichen. Und wer Fritz Wunderlich sagt, muss auch Hermann Prey sagen, bester Bariton seiner Zeit.
Donnerstag, 10.April, 13:18 Uhr
Tobias Hoheisel
Liedersänger
Mal ganz davon abgesehen wie unsinnig & das unentwegte ‘rating’ ist, ist diese Auswahl wirklich sehr sonderbar! Wo sind Elisabeth Schwarzkopf, Christa Ludwig, Jessye Norman, Brigitte Fassbaender, ganz zu schweigen von den heute aktiven jungen Sängerinnen & Sängern?! Oder kommt morgen eine ähnlich beschränkte Auswahl von Sängerinnen?
Donnerstag, 10.April, 12:48 Uhr
Michael Lehmler
Fritz Wunderlich
Die späten Liedaufnahmen sind ein Wunder. Nicht nur die Schönheit betört, sondern auch Wunderlichs natürliche Gestaltungskraft, die elementar ist.
Dienstag, 08.April, 17:28 Uhr
Sabine Hey
Liedsänger
Ich finde es schade dass Sie nur die „ Altvorderen“ Sänger loben und vorstellen. Es gibt auch junge Liedsänger, die des Lobes würdig sind :André Schuen zum Beispiel, Milan Siljanov,Matthias Goerne,Julian Prégardien. Um nur einige zu nennen.
Dienstag, 08.April, 16:21 Uhr
Beate Schwärzler
L i e d e r
Ja. Diese Sänger haben mir einmal viel gegeben mit ihrem Gesang, als ich noch lebte.
Als ich noch glauben konnte, glauben wollte, daß ich lebendig bin und fühle. Ja.
Als man mich noch erreichen konnte.
Dienstag, 08.April, 10:09 Uhr
Maharani Chakrabarti
Die fünf besten Liedsänger Wenn Poesie zu Musik wi
Sehr geehrter Herr Fischer,
zurecht heben Sie diese fünf Herren hervor. Sie singen herausragend und haben jeweils den Liedgesang ihre Zeit entscheidend geprägt.
Nur, ist das alles? - "Ein Sänger – egal ob Tenor, Bariton oder Bass", das finde ich nicht nur im 21. Jahrhundert, sondern auch aus dem historischen Kontext des Liedes im 19. Jahrhundert heraus, schwer zu argumentieren. Gerade die Kammermusik, insbesondere der Liedgesang war schon immer ein Genre, das auch Komponistinnen und Interpretinnen offen stand. Viele interessante Details hier zu entnahm ich z.B dem Ehetagebuch von Robert und Clara Schumann.
Herausragende Interpretinnen, die eine Erwähnung verdient haben, finden sich von damals bis jetzt durchgehend. Möglicherweise stellen Sie diese separat vor, was erfreulich wäre.
Als Pianistin mit Schwerpunkt Liedgestaltung ist mir die angemessene Repräsentation von Interpretinnen und Komponistinnen wichtig. Gerne tausche ich mich hierzu mit Ihnen persönlich aus!
Beste Grüße, MC
Montag, 07.April, 20:39 Uhr
Waltraud Becker
Die 5 "besten" Liedsänger???
Das kann doch nicht ernst gemeint sein!!!
Wo ist Kaufmann? Wo ist Schuen? Wo ist Krimmel? Wo ist Hasselhorn? ...und noch einige andere....
Die Dahingeschiedenen und weitgehend im Rihestand befindlichen werden von den Jungen / jetzt aktiven übertroffen! Der einzige noch regelmäßig auf den Bühnen stehende dieser "Liste" ist sehr speziell, ja gewöhnungsbedürftig.
Bitte lassen Sie solche unsinnigen Qalifizierungen sein!!!