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Jörg Widmann feiert 50. Geburtstag "Die Reise geht immer weiter"

Mit sieben fängt er an Klarinette zu spielen, bereits im Grundschulalter komponiert er seine ersten Stücke. Er räumt Bundespreise beim Wettbewerb "Jugend musiziert" ab, und ist noch minderjährig, als er seine erste abendfüllende Oper schreibt. Bei der Münchner Biennale wird sie uraufgeführt. Heute zählt Jörg Widmann zu den bedeutendsten europäischen zeitgenössischen Komponisten und ist außerdem als Klarinettist und Dirigent prominent: ein musikalisches Multitalent. Am 19. Juni wird der gebürtige Münchner 50 Jahre alt.

Jörg Widmann | Bildquelle: Marco Borggreve

Bildquelle: Marco Borggreve

Klarinettist, Dirigent, Komponist, Pädagoge und Bruder der bekannten Geigerin Carolin Widmann. Jörg Widmann ist einer, der schon mal als Dirigent, Klarinettist und Komponist in einer Person vor dem Orchester steht. Von Rollenkonflikt keine Spur. Widmann wirkt weich und vergnügt, das Gegenteil von despotisch oder genialisch. Wobei das, was er macht und wie er spielt, durchaus genial ist.

"Man sieht natürlich an sich immer mehr seine eigene Unzufriedenheit als das Angekommensein, weil man bereits am nächsten Stück arbeitet", sagt Jörg Widmann selbst über sich. "Ich werde mich wieder nackt und ungeschützt der Situation und unvollkommen dem Gegenstand der Musik gegenüber fühlen. Und nur durch das Lösen des Problems werde ich wieder in die Situation kommen, dass ich nach außen tiefenentspannt und zufrieden wirke."

Widmann – als Komponist ein Tausendsassa

Jörg Widmann | Bildquelle: Marco Borggreve Jörg Widmann | Bildquelle: Marco Borggreve Jörg Widmann schreibt für sämtliche Gattungen: Orchesterwerke, Konzerte, Lieder, Opern. "Ich würde sagen, ich bin ein staunendes Kind, das jeden Tag neue Sachen entdeckt – auch mit dem eigenen Instrument, das man zu kennen glaubt." Zusammen mit seiner Schwester habe er schon in der Jugend ausprobiert, was man mit der Geige alles machen kann. "Sie hat gesagt: Mensch, du bist verrückt! Manches ging auch nicht, aber wir haben so auch neue Klänge entdeckt." Widmann glaubt, dass auf dem Gebiet vieles noch nicht ausgereizt ist, und man noch viel Neues aus den Instrumenten herausholen kann.

Dokumentarfilm "Im Labyrinth – Der Musik Jörg Widmann"

Zu Widmanns 50. Geburtstag erscheint der Dokumentarfilm "Im Labyrinth – Der Musiker Jörg Widmann", eine Kooperation von BR/arte. Im Mai wurde der Film mit dem Deutschen Kamerapreis ausgezeichnet. Bei arte wird die Doku am 18. Juni um 23.50 Uhr ausgestrahlt. Bei ARD Alpha läuft sie in voller Länge am 17. Dezember um 21.45 Uhr.

Die Lust am Neuen

Es ist die Lust am Neuen, die Jörg Widmann antreibt. Das ebenso mutige wie müßige Austesten im Millimeterbereich. "Wenn ich etwas wirklich Neues gemacht habe, wurde ich von den Kollegen oder Orchestern oft gefragt: Wer soll das denn spielen? Das geht ja gar nicht! Ich finde, man muss über die Grenze hinausgehen. Man muss sie einfach kennen", erklärt Jörg Widmann. Er reizt diesen einen Millimeter jenseits der Grenze fast schelmisch aus. Als Komponist, aber auch als Interpret. Läuft - die Klarinette im Mund - erst rot an und dann lila, legt alles hinein in ein Glissando, eine Melodie, einen einzelnen Ton. Viele prominente Komponistinnen und Komponisten haben ihm Stücke gewidmet: darunter Heinz Holliger, Mark Andre, Aribert Reimann und Wolfgang Rihm.

Ich möchte immer alles geben.
Jörg Widmann

"Wenn jemand etwas für mich schreibt, ist mir wichtig, immer auch irgendwie alles geben", sagt Widmann. "Ich möchte nicht einen Klang, den ich entdeckt habe, zurückhalten – für mich exklusiv. Im Gegenteil! Ich teile das mit den Komponisten. Und die guten Komponisten machen was ganz Eigenes damit."

Sendungen zu Jörg Widmann auf BR-KLASSIK

Seit fast 25 Jahren arbeiten der BR und Jörg Widmann zusammen, beispielsweise in gemeinsamen Konzerten mit dem BRSO. Anlässlich seines 50. Geburtstags widmet BR-KLASSIK Jörg Widmann mehrere Sendungen. In den Klassik Stars (19.6., 18.05 Uhr) ist er als Klarinettist mit romantischem Repertoire zu erleben, in Horizonte (20.6., 22.05 Uhr) spricht er über die Klarinette in der neuen Musik und in Meine Musik (22.6., 19.05 Uhr) ist Jörg Widmann als Studiogast im Gespräch mit Meret Forster zu erleben. Außerdem spricht er in der neuen Podcastfolge "Schoenholtz - der Orchester-Podcast des BRSO" mit der Geigerin Anne Schoenholtz darüber, wie aus einer kleinen musikalischen Idee eine Symphonie wird, ob zeitgenössische Musik zu intellektuell ist und ob er als Komponist Künstliche Intelligenz als Bedrohung empfindet.

Musikalisches Multitalent

Jörg Widmann | Bildquelle: Marco Borggreve Bildquelle: Marco Borggreve Etwas zurückzuhalten ist nicht sein Ding, stattdessen lässt er andere teilhaben an seinem Können und seinem Wissen, seiner Neugierde. Naheliegend also, dass Widmann auch Lehrer ist. Eine Zeit lang sogar Doppelprof: an der Musikhochschule Freiburg war er sowohl Professor für Klarinette als auch Professor für Komposition. Mittlerweile hat er eine einzelne Professur an der Barenboim-Said-Akademie in Berlin. Ein Downgrade ist das mitnichten.

In dem Moment, wo ich spiele, bin ich zuhause.
 Jörg Widmann

Der großzügige, herzliche Widmann hat selber bei den Besten gelernt: Hans Werner Henze, Heiner Goebbels, Wolfgang Rihm. Mit all diesen Menschen steht Jörg Widmann in einer Reihe. Wobei in einer Reihe stehen als Bild nicht so recht passt, denn mit seiner Mehrfachbegabung als Klarinettist, Komponist, Pädagoge und Dirigent ist Widmann immer in Bewegung, vergnügt im Millimeterbereich jenseits der Grenze. "Die Reise geht immer weiter", sagt Jörg Widmann. "In dem Moment, wo ich spiele, bin ich zuhause – bin dort und nirgendwo anders."

Sendung: "Piazza" am 17. Juni 2023 ab 6:05 Uhr auf BR-KLASSIK

Kommentare (1)

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Montag, 19.Juni, 14:43 Uhr

Herbert Gurth

Vollkommen überschätzt!

Wieder einer der BR Klassik-Lieblinge! Als Dirigent und Komponist völlig übergeschätzt und nur ein mäßiger Klarinettist. Ich brauchte die permanenten Huldigungen nicht!

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