Bei ihm fand das Jazz-Saxophon ganz neue Dimensionen. Der Amerikaner John Coltrane spielte mit einer Intensität wie keiner vor ihm. Kraftvoll, spirituell, hochkomplex – und auf ganz eigene Art schön war seine Musik. Sie ist noch immer Maßstab für junge Jazzmusiker der ganzen Welt, und das über fünf Jahrzehnte nach dem Tod des Musikers. Am 23. September 1926 wurde John William Coltrane in einem Ort namens Hamlet in North Carolina geboren.
Bildquelle: picture-alliance/dpa/Everett Collection
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Eine seiner berühmten Aufnahmen, "Welcome", eingespielt 1965 in Englewood Cliffs, New Jersey, könnte gut der emphatische, nachgelieferte Soundtrack auf die eigene Geburt des Musikers sein: John William Coltrane wurde willkommen geheißen als Sohn einer tief religiösen Familie, die kurz vorher ihr erstes Kind verloren hatte. Geistliche Musik umgab Coltrane stets – durch einen Vater, der mehrere Instrumente spielte. Der Vater starb, als John 12 war. Von da an wurde für den Sohn die Musik noch mehr zum Mittelpunkt.
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John Coltrane – Welcome
Eine Musik voller Intensität, mit ganz klaren, starken Tönen, meist gespielt auf dem Tenorsaxophon, seinem Haupt-Instrument, in manchen anderen berühmten Fällen aber auch auf dem Sopransaxophon: Das war der Klang, mit dem John Coltrane Jazzgeschichte schreiben sollte. John Coltrane war ein Musiker, der sich durchbiss. Und das schon in der Jugend. Ein stiller Schüler, der seine Freizeit mit der Klarinette und später dem Saxophon verbrachte, damals noch dem Altsaxophon. Auch in der Militärzeit lernte und spielte er unablässig weiter.
Dann hörte er das Altsaxophon-Spiel des Jazz-Revolutionärs Charlie Parker. Das riss den jungen John Coltrane so mit, dass er fortan wie besessen übte. Zehn Jahre später, nach musikalischen Lehrjahren mit heftigen Drogen-Einschnitten, wurde Coltrane selbst weltberühmt – und zwar im Quintett des Trompeters Miles Davis. Bei Davis und bald auch mit eigenen Bands setzte Coltrane Maßstäbe – ob mit der strömenden Energie seines Solos in der Miles-Davis-Einspielung des Stücks "Some Day My Prince Will Come", das aus dem Walt-Disney-Film "Schneewittchen und die sieben Zwerge" stammte, oder seinen wie selbstverständlichen Linien über den atemberaubenden Harmoniewechseln seiner sperrigen Eigenkomposition "Giant Steps". Auf den zwei möglicherweise bedeutendsten Alben der modernen Jazzgeschichte ist John Coltrane zu hören: "Kind of Blue" von Miles Davis (1959) und "A Love Supreme" von Coltrane selbst (1965) – sowie auf etlichen anderen herausragenden Aufnahmen.
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John Coltrane - Giant Steps (2020 Remaster) [Official Audio]
Keiner spielte damals intensiver und komplexer als John Coltrane. Alles war Substanz, nichts Zierrat oder hohle Artistik. Sein Klang und seine Spielhaltung sind heute noch Vorbilder für viele Saxophonisten. Nur 40 Jahre alt wurde John Coltrane, der am 17. Juli 1967 an Leberkrebs starb. Doch in der Jazzgeschichte ist er ein Monument. Nie sonst wuchsen Töne so zielstrebig und so wenig selbstgefällig in den Himmel wie bei ihm, diesem stillen Nachdrücklichen aus North Carolina.
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Sendung: "Allegro" am 23. September 2021 ab 06:05 Uhr auf BR-KLASSIK