Montpellier, Südfrankreich, 7. Februar 1927. Juliette Gréco, die Tochter einer Französin und eines Korsen, wird geboren. Ende der 1940er Jahre wird sie zur Muse des Intellektuellenviertels Saint-Germain-des-Prés, wo der Philosoph Jean-Paul Sartre die junge Frau beschwört, Chanson-interpretin zu werden. Sie folgt seinem Rat und wird zu einer der weltbesten Interpretinnen literarisch anspruchsvoller Lieder. Sie bleibt es bis ins hohe Alter. 2020 stirbt sie mit 93.
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So klingt das Statement einer Frau, die sich nichts vorschreiben lässt: "Ich bin, die ich bin. Ich bin so gemacht. Ich liebe den, den ich liebe. Und ist es meine Schuld, wenn das nicht jedes Mal derselbe ist?" 1951 sang Juliette Gréco das. "Je suis comme je suis", ein Chanson mit einem Text des Dichters Jacques Prévert, das immer ein Signatur-Stück für sie bleiben wird. Sogar den Titel ihrer Memoiren entlehnt sie später diesem Chanson.
Schwarzer Pullover, dunkle Stimme. Der Philosoph Jean-Paul Sartre hatte die junge Künstlerin im Pariser Intellektuellenviertel Saint-Germain-des-Prés entdeckt und gefördert. Sie wurde zur Muse von Frankreichs Literaten. Und weltweit viele Jahrzehnte lang: die Königin subtiler Töne, die nicht konform waren. Etwa die eines Chansons voller feiner Nadelstiche fürs bürgerliche Gemüt: "Je hais les dimanches". Sie hasse die Sonntage, singt sie da. Denn die tun so, als böten sie glückliche Stunden. Für rosa Brille und schönen Schein ist Juliette Gréco aber nicht zu haben.
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Juliette Gréco - Je hais les dimanches (Audio Officiel)
Sie wuchs nicht in rosigen Verhältnissen auf: Die Mutter war Französin, der Vater Korse. Die Eltern trennen sich. Juliette und ihre Schwester leben zunächst bei den gutsituierten Großeltern in Bordeaux, dann – nach dem Tod der Großeltern im Jahr 1933 – geht die Mutter mit beiden Töchtern nach Paris. Als der Krieg ausbricht, ziehen die Drei wieder aus der Hauptstadt weg. Als Juliette 16 Jahre alt ist, verhaftet die Gestapo sie mit der Schwester und der Mutter, die im Widerstand engagiert sind. Juliette kommt frei, weil sie so jung ist. Mutter und Schwester werden ins Konzentrationslager Ravensbrück deportiert. Sie überleben und werden nach der Befreiung des Lagers durch die Rote Armee zurückkehren. Juliette, die Zuflucht bei einer Freundin der Mutter gefunden hat, schließt sich nach 1945 Pariser Künstlerkreisen an. Und startet bald ihre Karriere.
Ihre Stärke prägt sich früh aus: das Beleben von Texten. Jeden Vokal, jeden Konsonanten formt sie zu einer bewegten Skulptur aus Sprache. Bannende, ästhetisch einzigartige Beschwörungsformeln: Das ist ihr Gesang. Auf der Bühne, wo sie stets ganz in Schwarz gekleidet ist, unterstreicht Juliette Gréco die Aussage der vielen anspruchsvollen Chansons, die sie singt, mit eindringlichen Bewegungen ihrer Hände: Wie zarte weiße Vögel umflattern diese Hände das Gesicht der Sängerin und halten in besonders dramatischen Momenten effektvoll inne. Texte von Prévert und Sartre oder auch von Raymond Queneau, Lieder von Jacques Brel, Georges Brassens, Serge Gainsbourg oder Léo Ferré interpretiert sie mit einer Klarheit, Schnörkellosigkeit und herb-ausdrucksvollen Schönheit, die einzigartig blieben.
Juliette Gréco tritt bis ins hohe Alter auf und stirbt mit 93. Als Ikone des Chansons – und der Selbstbestimmtheit.
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Juliette Gréco - Je Suis Comme Je Suis [Live 1965]
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Sendung: "Allegro" am 07. Februar 2022 ab 06:05 Uhr auf BR-KLASSIK