Prag, 17. August 1885. Gustav Mahler ist euphorisch. "Ich bin im Begriffe, was man sagt, Carrière zu machen." Prag liegt ihm zu Füßen. Dabei ist er hier erst seit kurzem Dirigent am Königlichen Deutschen Landestheater. Der Direktor Angelo Neumann hatte Mahlers Talent schnell erkannt und den "jungen Heißsporn" von Kassel weg sofort an sein Haus engagiert. Und das ist Mahlers Glück. Denn die Zeit in Prag soll zentral für seine künstlerische Entwicklung werden. Er gibt an jenem 17. August sein Prager Debüt in Luigi Cherubinis Oper "Der Wasserträger".
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Was sofort auffällt, ist Mahlers ungewöhnlicher Dirigierstil. Den schlanken, kleinen Mann umgibt eine geradezu magische Aura, sobald er den Taktstock hebt. Das klangliche Ergebnis ist verblüffend, und Mahlers so nervös wirkende Impulse absolut präzise. Wie bringt es die Kritik auf den Punkt? "Hierbei malte Herr Mahler jede hervorstechende Nuance förmlich in die Luft mit den Händen und erinnerte hierbei an die Tradition über die eigentümliche Art, mittelalterliche Kirchenchöre zu dirigieren, zu welcher insbesondere das Malen der Melodie durch Bewegungen und Gesten mit der Hand gehörte."
Mahler arbeitet wie ein Besessener, studiert Partituren und erarbeitet sich so die großen Bühnenwerke der Opernliteratur: "Norma", "Don Giovanni", "Die Entführung", "Figaro", "Tannhäuser" und "Die Meistersinger". Stolz dirigiert Mahler auch die Prager Erstaufführung vom "Rheingold" und der "Walküre". Und das Orchester hat Respekt vor dem jungen Dirigenten, der nichts durchgehen lässt.
Was Ihr Eure Tradition nennt, das ist Eure Bequemlichkeit und Schlamperei.
Als sich die Saison dem Ende neigt, muss Mahler Abschied nehmen. Gerne wäre er in Prag geblieben. Doch der Leipziger Operndirektor Max Staegemann besteht auf der Einhaltung des Vertrages, den Mahler schon vor längerem unterzeichnet hat. Dieses junge Dirigenten-Genie möchte er sich nicht entgehen lassen.
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Christian Gerhaher - Mahler - Lieder eines fahrenden Gesellen
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Sendung: "Allegro" am 17. August 2022 ab 06:05 Uhr auf BR-KLASSIK
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