Mit 33 Jahren trat Mozarts Schwester Anna Maria, genannt Nannerl, in St. Gilgen am Wolfgangsee vor den Traualtar. Ihr Mann war zwar deutlich älter als sie, aber durchaus fesch - und konnte ihr zudem materielle Sicherheit bieten.
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War es eine Liebesheirat oder eine Vernunftehe? Ob sie sich das Ja-Wort mit Herzklopfen gegeben haben, ist nicht überliefert. Aber wahrscheinlich ist unsere heutige Vorstellung von Zuneigung und Partnerschaft das falsche Kriterium, um eine Hochzeit im späten 18. Jahrhundert zu beurteilen. Die Verbindung zwischen Nannerl Mozart und Johann Baptist Franz von Berchtold zu Sonnenburg ist jedenfalls eine späte Ehe, denn immerhin befindet sich Mozarts Schwester im für damalige Verhältnisse fortgeschrittenen vierunddreißigstem Lebensjahr, als sie vor den Traualtar tritt. Zudem ist der Bräutigam 15 Jahre älter, war bereits zweimal verheiratet und ist Vater von fünf Kindern.
Trotz seiner "Altlasten" ist Johann Baptist Franz von Berchtold zu Sonnenburg keine schlechte Partie: Er hat ein Jurastudium absolviert und arbeitet als Pfleger - das entspricht dem heutigen Amtsrichter - in St. Gilgen am Wolfgangsee, dem Ort, aus dem die Mutter der Braut stammt. Ein Porträt zeigt ihn als schlanken, elegant gekleideten Kavalier, der als stolzes Zeichen seiner Weltläufigkeit, eine Tasse Kaffee vor sich auf einen Tisch gestellt hat. Aufgrund seiner Stellung kann Johann Baptist seiner Gattin etwas bieten, das zumindest deren Eltern geschätzt haben müssen: ökonomische Sicherheit. Zwar war die hochbegabte Nannerl zusammen mit ihrem Bruder als klavierspielendes Wunderkind durch Europa gereist, dennoch ist das Leben als Musikerin für eine Frau im Rokoko keine seriöse Option.
Wolfgang Amadeus steuert einen Brief zur Standesveränderung seiner älteren Schwester bei. Der Komponist ist selbst seit zwei Jahren fest verbandelt; deshalb kann er es sich nicht verkneifen, seinen Glückwünschen einige Verse über des Ehestandes Pflichten hinzuzufügen: " Drum, wenn dein Mann dir finstre Mienen, die du nicht glaubest zu verdienen, in seiner üblen Laune macht: So denke, das ist Männergrille, und sag: Herr es gescheh dein wille beytag - und meiner bey der Nacht."
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