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Was heute geschah – 19. Oktober 1814 Schubert "erfindet" das Kunstlied

Himmelpfortgrund bei Wien, 19. Oktober 1814. Franz Schubert vertont ein Gedicht von Goethe. Mit siebzehn hat man noch Träume – hat ein deutscher Schlager mal konstatiert. Franz Schubert hatte in diesem Alter wohl auch noch so manchen Traum. Zum Beispiel, seine erste große Liebe Therese Grob zu heiraten und als Komponist ganz groß rauszukommen. Oder zumindest raus aus Himmelpfortgrund, weg von der Volksschule seines Vaters. Was sich Schubert sicher nicht hat träumen lassen – dass er mit seinem an diesem 19. Oktober 1814 verfassten Werk eine ganze musikalische Gattung definieren würde.

Bildquelle: Wikimedia Commons

Die Sendung zum Anhören

Franz Schubert ist 17 Jahre alt und Kompositionsschüler von Salieri, als er sich Goethes "Gretchen am Spinnrade" vornimmt, aus dem "Faust". Einige Lieder hatte er zu diesem Zeitpunkt schon verfasst, im vergangenen Jahr schrieb er seine Erste Symphonie, vor nicht ganz vier Wochen war seine erste Messe uraufgeführt worden.

Die Klavierbegleitung rattert und klappert

Mit siebzehn hat man noch Träume – und vor allem noch den Drang, die Energie, die Dinge anders zu machen. Und das tut Schubert, als er die Passage aus der Goethe'schen Tragödie nimmt und sie zu Musik setzt. Anders, als das seine Vorbilder, zu denen Beethoven oder Haydn gehören, je getan hätten. Die Klavierbegleitung etwa rattert und klappert, ahmt die Geräuschkulisse eines Spinnrades nach. Gleichzeitig gibt sie der seelischen Unruhe Gretchens musikalische Gestalt.

Der Beginn der Romantik in der Musik?

Für manche Musikwissenschaftler markiert Schuberts Vertonung von "Gretchen am Spinnrad" den Beginn der Romantik in der Musik. Dieser 17-jährige Hilfslehrer fühlt sich in diesem Werk in die Gefühlswelt einer jungen Frau ein und lotet diese mit musikalischen Mitteln aus. Damit bringt er die Gattung des Kunstlieds in die Welt.

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Schubert: Gretchen am Spinnrade, D.118 | Bildquelle: Jessye Norman - Topic (via YouTube)

Schubert: Gretchen am Spinnrade, D.118

Erfolg und Anerkennung – Träume für Schubert

Damals nimmt niemand davon Kenntnis. Schubert und sein Freund Josef von Spaun schicken Goethe ein Heft mit dem "Gretchen", dem nicht weniger revolutionären "Erlkönig" und anderen Vertonungen, ohne je eine Antwort zu erhalten. Bei den Musikverlagen blitzt Schubert lange Zeit ab. Selbst, als "Erlkönig", "Gretchen" und andere Schubert-Lieder durch Mundpropaganda langsam populär werden, verdient nicht der Komponist an den Noten, sondern die Verleger. Erfolg und Anerkennung – für Schubert bleiben sie zeitlebens Träume.

Was heute geschah

Unsere Reihe "Was heute geschah" zu bemerkenswerten Ereignissen der Musikgeschichte können Sie auch um 7:40 Uhr, um 13:30 Uhr und um 16:40 Uhr auf BR-KLASSIK im Radio hören. Weitere Folgen zum Nachhören finden Sie hier.

Sendung: "Allegro" am 19. Oktober 2021 ab 06:05 Uhr auf BR-KLASSIK

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