26. Januar 1908: In Paris wird Stefano Grappelli, der Sohn einer Französin und eines Italieners geboren. Unter dem Namen Stéphane Grappelli soll er ein Vierteljahrhundert später weltberühmt werden als Jazzgeiger und Mitglied eines Ensembles, in dem er zusammen mit Gitarrist Django Reinhardt den ersten eigenständigen europäischen Jazzstil prägt. Bis zu seinem Tod 1997 bleibt Grappelli diesem Stil treu – und macht unter anderem mit einer anderen Jahrhundertfigur der Geige Aufnahmen: Yehudi Menuhin.
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Diese genüsslich nach oben gezogenen Töne! Die so fein sind und so biegsam. Zu lächeln scheinen sie. Und strahlen – das tun sie sowieso. Es sind Töne des Geigers Stéphane Grappelli. Swingende Töne, die Geschichte schrieben.
Kein Geiger im Jazz klang so elegant; so natürlich; so ungezwungen stilvoll. Der Franzose Stéphane Grappelli schaffte das über sechs Jahrzehnte lang. Er war dabei auch verblüffend virtuos – aber stets beiläufig, scheinbar mühelos. Was für ein Musiker! Und das nach schwerer Kindheit und einem wie zufälligen Weg zur Kunst der Töne.
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Stéphane Grappelli Trio Umbria Jazz Festival 1993
Stefano heißt er zunächst. Sein Vater: ein Italiener, der in Paris unter anderem Artikel über Kultur schreibt. Seine Mutter, eine Französin, die stirbt, als Stéfano vier ist. Es folgen Jahre im Waisenhaus, als der Vater im ersten Weltkrieg für Italien eingezogen wird. Französische Staatsbürgerschaft für den Sohn und der geänderte Vorname Stéphane, als der Vater zurück ist. Der verpfändet schließlich einen Anzug, um dem Sohn eine Geige zu kaufen. Da ist Stéphane zwölf. Er lernt erst allein, schafft es ans Konservatorium, und schon mit 15 Jahren verdient er als Musiker Geld in einem Stummfilmorchester. Mit zwanzig hört er den Italo-Amerikaner Joe Venuti und entflammt für den Jazz.
Und bald ist sie da: die sanfte Revolution, die Stéphane Grappelli in den 1930er Jahren mit dem großen Sinti-Gitarristen Django Reinhardt im Quintette du Hot Club de France anzettelt. Drei Gitarren, Geige, Kontrabass. Melodien in Moll – wie in dem berühmten Stück "Minor Swing". Französische Leichtigkeit. Der erste eigenständige Jazz europäischer Prägung. Swingende Schönheit. Mit gleich zwei Jahrhundertfiguren.
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Django Reinhardt & Stéphane Grappelli - Jattendrai Swing 1939 - LIVE!
Django Reinhardt stirbt bereits 1953. Grappelli überlebt ihn um 44 Jahre – und macht bis kurz vor seinem Tod Aufnahmen mit Weltgrößen von Yehudi Menuhin bis Pink Floyd. Sein Sound: unsterblich. Zeitlos. Und noch heute ein Maßstab. Denn Grappellis musikalisches Lächeln: Es war bezwingend – und nie künstlich.
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Sendung: "Allegro" am 26. Januar 2022 ab 06:05 Uhr auf BR-KLASSIK