Sankt Petersburg, 17. November 1888. Für Peter Tschaikowsky wird es ein schicksalhafter Abend in der Philharmonie. Am Dirigentenpult hebt er seine neue Symphonie aus der Taufe – die fünfte, die wiederum das Schicksal zum Thema hat. Es sollte dauern, bis der extrem selbstkritische Komponist mit dem Werk seinen Frieden machte.
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Was heute geschah – 17. November 1888
Tschaikowskys 5. Symphonie wird uraufgeführt
Wenn in der Wiener Klassik das Schicksal an die Tür klopft, klingt das – nun ja, wie der Beginn von Beethovens fünfter Symphonie. In Russland, zumal in der Spätromantik, hören sich höhere Gewalt, Fatalität und Vorherbestimmung ein wenig anders an – zum Beispiel wie Tschaikowskys eigene Fünfte. "Völlige Ergebung in das Schicksal oder, was dasselbe ist, in den unergründlichen Ratschluss der Vorsehung. Murren, Zweifeln, Klagen, Vorwürfe…" Dies hatte der Komponist zum ersten Satz dieses Werks notiert.
Zehn Jahre hat Peter Tschaikowsky keine Symphonie mehr geschrieben, 1888 bringt ihn in Hamburg Theodor Avé-Lallemant, Direktor der Philharmonischen Gesellschaft, erneut auf die Idee. Richtig Spaß macht die Arbeit aber nicht, Tschaikowsky ist – wie immer – von enormen Selbstzweifeln geplagt: "Ich will mir selbst, aber auch anderen beweisen, dass ich mich noch nicht ausgeschrieben habe. Habe ich meine Phantasie nicht überanstrengt? Ist die Quelle vielleicht schon versiegt?" Drei Monate braucht Tschaikowsky für die fünfte Symphonie, die sich – wie die Symphonie Nr. 4 – mit dem Schicksal auseinandersetzt.
Das Motiv aller Überlegungen ist das rein persönliche Gefühl des verlöschenden Lebens.
Über die ersten drei Sätze herrscht Einigkeit bei der Uraufführung in Petersburg. Das Finale ist der Knackpunkt, auch für Tschaikowsky selbst: "Es ist etwas Abstoßendes, ein solches Übermaß an Geschraubtheit und dazu Unaufrichtigkeit, Künstlichkeit."
Schnell allerdings findet die Schicksals-Symphonie den Weg in Europas Konzerthäuser und sorgt für Begeisterung. Antonín Dvořák lobt: "Es ist eine wundervolle Schöpfung, voll warmer Empfindung und Poesie und in allen Einzelheiten gekonnt, kurzum, diese Musik ist bestrickend und dringt so tief in unser Herz ein, dass man sie nie wieder vergessen kann." Schließlich kann auch der Komponist mit ihr seinen Frieden machen, freilich auf seine ihm eigene Art: "Das Angenehmste ist, dass die Symphonie aufgehört hat, mir hässlich zu erscheinen, ich habe sie wieder liebgewonnen."
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Tschaikowsky: 5. Sinfonie ∙ hr-Sinfonieorchester ∙ Manfred Honeck
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Sendung: "Allegro" am 17. November 2022 ab 6:05 Uhr auf BR-KLASSIK